Damenmaßschneiderin Freya Maria Ruschke bekommt den Titel
Sie ist 22 Jahre jung, kommt aus Rostock, trägt am liebsten Kleider und seit vergangenen Sonnabend auch den Titel Top Azubi 2016. Freya Maria Ruschke wird Damenmaßschneiderin, macht ihre Lehre im Atelier von Marika Gärtner und überzeugte die Wettbewerbs-Jury durch ihr selbstsicheres Auftreten, schulische Bestnoten und einen Plan: „Ich möchte Berufserfahrung sammeln, am liebsten in einer Großstadt und anschließend an die Meisterschule in München gehen. Irgendwann möchte ich mein eigenes Atelier eröffnen.“
Seit 2006 suchen die Handwerkskammern Schwerin und Ostmecklenburg-Vorpommern den besten Azubi im Land. Bewerben können sich alle, die eine betriebliche Ausbildung in MV absolvieren und maximal 25 Jahre alt sind. Mit dem Wettbewerb wollen die Kammern den Nachwuchs fürs Handwerk begeistern.
Freya kommt aus einer Schneiderfamilie. Ihre Oma und ihr Urgroßvater hatten beide einen Meistertitel. „Ich habe das Gefühl, das hat eine Generation übersprungen“, sagt die 22-Jährige. In der Waldorfschule seien die Grundlagen für das kreative Arbeiten gelegt worden. „Nach dem Abi dachte ich, ich müsste studieren. Das macht man doch so, wenn man Abi hat.“ Also machte Freya ein sechsmonatiges Praktikum in einer Modefirma. „Das war die Zugangsvoraussetzung fürs Studium. Ich merkte aber schnell, dass mir das Selbernähen fehlte.“ Statt Bewerbungen an Universitäten zu versenden, suchte die junge Rostockerin einen Ausbildungsplatz in einem Schneideratelier.
Marika Gärtner gehört zu den wenigen Altmeistern im Land, die ihr Handwerk an den Nachwuchs weitergibt – und das seit 15 Jahren. „Niemand sonst bildet noch aus. In der Innung ist das ein heiß diskutiertes Thema“, sagt Gärtner. Freya erzählt von einem weiteren Mädchen aus Hagenow, das auch Damenmaßschneiderin wird. „Mehr sind wir nicht aus MV. Die meisten entscheiden sich für die Ausbildung zum Modenäher, weil diese nur zwei und nicht drei Jahre dauert.“ Modenäher arbeiten überwiegend in der Industrie, fertigen dort Einzelteile für Kleidung an. „Dort geht es um die Massenanfertigung, bei uns um Unikate. Wir arbeiten noch mit Nadel, Faden und Fingerhut“, erklärt Freya. Die 22-Jährige holt ein Hochzeitskleid hervor, an dem sie eigenständig gearbeitet hat. Es ist weiß, schlicht, aus Seide und hat einen eingenähten Spitzenansatz. „Schlicht ist manchmal mehr“, betont die Rostockerin, deren heimliche Leidenschaft bei den Kleidern liegt. „Es gibt für jede Frau das perfekte Kleid. Ich selber trage gerne Stücke, die meine Taille betonen und meine Hüfte umspielen.“
Im dritten Lehrjahr lernt sie nun Mäntel anzufertigen. „Darauf freue ich mich sehr. Ich hab nämlich zu lange Arme, sodass mir Mäntel und Jacken nie richtig passen.“
Auch in ihrer Freizeit verbringt Freya jede Menge Zeit mit ihrer Nähmaschine. Obwohl sie ihr Hobby zum Beruf gemacht hat, kann sie kein Wochenende davon ablassen. „Ich bin eben mit sehr viel Liebe und Leidenschaft dabei.“
Tob Azubi 2016 - Die Teilnehmer |
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Den zweiten Platz räumte Julia Sedding aus Hagenow ab, die sich derzeit im zweiten Lehrjahr ihrer Ausbildung zur Augenoptikerin befindet. Dritter wurde der angehende Friseur Max Brozio aus Wismar. Teilgenommen haben außerdem Tim Christopher Hoppe (Dachdecker), Marie Josephine Makowe (Zimmerin), Henry Grünwald (Anlagenmechaniker), Johannes Burdenski (Schornsteinfeger), Monique Müller (Friseurin), Lucie Martina Heyne (Tischlerin), Kai Andreas Müller (Zimmerer), Lia Raatz (Fahrzeuglackiererin) und Nichita Amara (Kfz-Mechatroniker). |