Wer spielt beim Jamel rockt den Förster 2023? Am Freitag überraschten Sebastian Krumbiegel, Madsen und andere beim Demokratiefestival, das Familie Lohmeyer seit Jahren gegen Rechtsextremismus organisiert.
„Die Demokratie ist weiblich“, ein passenderes Lied hätte Prinzen-Sänger Sebastian Krumbiegel nicht wählen können, um das diesjährige Festival Jamel rockt den Förster zu eröffnen. „Ich wollte schon vor ein paar Jahren hier sein, endlich hat es geklappt“, begrüßt der Sänger die 3000 Festivalbesucher in Jamel, einem kleinen Dorf bei Grevesmühlen.

Warum sie alle da sind? „Wir sind heute da, um dem Nazipack da drüben zu zeigen, dass wir mehr sind und lauter sind“, sagt Krumbiegel, bevor er seine Lieder als Solokünstler am Keyboard anstimmt. Er singt „keine Lust auf Ärger, kein Mensch ist illegal“.
Seit 2007 organisieren Birigt und Horst Lohmeyer das Demokratiefestival in ihrem Heimatdorf. Damals waren sie mit 30 Mutigen, die sich in das Dorf trauten, gestartet. In diesem Jahr rocken 3000 gegen Rechts – so viele wie nie zuvor. „Es war ganz schnell ausverkauft. Die Leute wissen, was sie an dem Festival haben“, sagt Birgit Lohmeyer.
Gemeinsam stellen sich Lohmeyers und die Festivalgäste gegen Rechtsextremismus – in einem Dorf, indem NDP-Anhänger wie Sven Krüger leben. „Die Stimmung hat sich gar nicht geändert. Wir werden angefeindet“, berichtet Birgit Lohmeyer.
In der Nacht vor Festivalbeginn wurden zwei Personen, die nachträglich der rechten Szene zuzuordnen waren, von Sicherheitskräften vom Gelände verwiesen. Die Polizei ermittelt wegen Hausfriedensbruchs. An den Bauplanen wurden am Vormittag zudem diverse Graffiti mit verfassungsfeindlichen Symbolen und Schriftzügen, darunter Hakenkreuze, festgestellt. Der polizeiliche Staatsschutz hat die Ermittlungen hierzu aufgenommen, teilt die Polizei mit.
„Es gibt immer wieder kleine Sticheleien bis zu Bedrohungssituationen“, berichtet Lohmeyer. 2015 hatte ihre Scheune gebrannt, Brandstiftung. 2019 waren Reifen von Festivalbesuchern zerstochen worden. 2021 wurde beim Abbau Leergut im Wert von 1000 Euro vom Gelände sowie Beleuchtungstechnik gestohlen.
„Respekt, dass ihr das 365 Tage aushaltet“, sagte Innenminister Christian Pegel (SPD) bei der Eröffnung. Auch Landtagspräsidentin Birgit Hesse (SPD) und Ostbeauftragter Carsten Schneider begrüßten zusammen mit den Lohmeyers und Förster Peter Rabe das Publikum.
Ninamarie rockt
„Wir freuen uns sehr“, ruft die Band Ninamarie als Zweites auf der Bühne. In dieser Formation musizieren Thomas Götz, Schlagzeuger von den Beatsteaks, und Marten Ebsen, bekannt als Gitarrist von Turbostaat, zusammen und heizen der Menge trotz kurzem Nieselwetter ein.

Juli besingt den guten Tag in Jamel
„Jamel, heute ist ein guter Tag“, singt Eva Briegel von Juli. Die Menge jubelt zu „Ein neuer Tag“ und „Geile Zeit“. „Es freut mich, dass ihr so laut seid, dass die Arschlöcher hören, was wir für Spaß haben“, sagt Eva Briegel und betont, dass auch Bands, die keine politischen Lieder singen, sagen sollten, wo sie stehen. Sie appelliert an alle: „Wir müssen sagen, was wir denken. Sagen, so gehts nicht.“ Dazwischen ruft das Publikum: „Alerta, alerta, antifascista.“

Bosse singt über das „Paradies“
„Liebe Leute, so schön, dass ihr alle da seid. Ich freue mich so lange darauf“, sagt Axel Bosse und lädt zum Tanzen gehen Rechts. Der Sänger mit Braunschweiger Wurzeln, der als Bosse bekannt ist, singt über „Frankfurt Oder“ und „Paradies“ und macht sich seit Jahren stark gegen Rechts. Bereits vor fünf Jahren sang er beim Jamel rockt den Förster. „Es ist ein bisschen wie Homecoming“, sagt er im Interview.

Fury in the Slaughterhouse und die Omas gegen Rechts
Auf dem Shirt von Kai Wingenfelder von Fury in the Slaughterhouse steht „Omas gegen Rechts“ – „habe ich da oben gekauft, finde ich super“, begrüßt der Sänger auf der Bühne und deutet zum Stand der „Omas gegen Rechts“.

„Wow, wann haben wir mal wieder so‘ne Aufregung vor nem Gig gehabt?“, sagen sie auf der Bühne, bevor die sechsköpfige Band auf Englisch rockt. „Ich glaube, so viele waren noch nie in Jamel und das ist echt gut.“
Die Überraschung des Abends ist Gastgeber Horst Lohmeyer. Beim letzten Lied der Furys schnappt er sich eine Gitarre und musiziert mit der Rockband.
Madsen ist zurück
Die letzte Band des Abends wird von Lea angekündigt. Es ist – Madsen, die Indie-Rock-Band aus dem Wendland. „Wie schön, dass wir wieder hier sein dürfen“, sagt Sänger Sebastian Madsen, beim „wichtigsten Festival des Landes“, und singt „Macht euch laut“.

In der ersten Reihe wird mitgegrölt, in der Mitte gepogt. Zusammen feiern sie Platz 1 der Albumcharts ihrer neuen Platte. Und Sebastian Madsen ruft: „Faust nach oben für die Lohmeyers“ und sein Bruder Sascha stimmt „Alerta, alerta, antifascista“ an.
Am Sonnabend werden weitere bekannte Musiker spielen. „Das Aufregendste ist für uns, die Bands zu begrüßen und kennenzulernen“, sagt Birgit Lohmeyer. Manche kennen sie bereits aus den Vorjahren.
Wir berichten auch am Sonnabend über das Festival.