Am Reformationstag beginnt in MV ein buntes Reformationsjahr. Lutherausstellung im Güstrower Schloss
Ob Luther am 31. Oktober 1517 tatsächlich mit einem Hammer 95 Thesen an die Wittenberger Kirchentür schlug, ist historisch umstritten. Unbestritten ist jedoch, dass durch die Thesen ein Prozess in Gang gesetzt wurde, der ganz Europa und die Welt umformen sollte. Und das wird auch in Mecklenburg-Vorpommern gefeiert: ein ganzes Jahr lang, mit zahlreichen Veranstaltungen.
Einer der Höhepunkte im Norden ist die Ausstellung „Luthers Norden“, die Nordkirche, Pommersches Landesmuseum in Greifswald und das Schleswiger Landesmuseum Schloss Gottorf gemeinsam planen. Sie wird im Sommer 2017 in Greifswald zu sehen sein. Gezeigt werden hochkarätige Originale, unter anderem Alltagsgegenstände, Schriften und Gemälde.
Unter dem Titel „Cranachs Luther!“ zeigt das Staatliche Museum Schwerin vom 20. Mai bis 24. September 2017 Werke von Lucas Cranach dem Älteren (1472-1553) und Lucas Cranach dem Jüngeren (1515-1586) in einer Sonderausstellung auf Schloss Güstrow. Es werden Zeichnungen zum Altar in der Wittenberger Stadtkirche sowie 16 Druckgrafiken aus eigenen Beständen zu sehen sein, teilte das Museum gestern mit. Die Druckgrafiken waren für die Verbreitung der Gedanken der Reformation von zentraler Bedeutung.
Im Zentrum der Ausstellung stehen 13 Gemälde der Cranachs, die einen Querschnitt durch das Schaffen der Maler ermöglichen. Die Wittenberger Malerdynastie stand in engem Kontakt zu namhaften Reformatoren wie Martin Luther oder Philipp Melanchthon und begleitete mit ihren Gemälden und Grafiken die Zeitgeschehnisse.
Vater und Sohn Cranach galten als die „Maler der Reformation“ und prägen bis in die heutige Zeit das Lutherbild.
Besonders volksnah wird das Reformationsjubiläum am Wasser gefeiert. Ein Dreimast-Segler wird im Sommer zahlreiche Häfen an der Ost- und Nordseeküste anlaufen. Die Nordkirche ist die einzige Kirche Deutschlands, die in jedem Kirchenkreis einen Seehafen hat. Start ist am 29. Juni in Stralsund. Es folgen am 2. Juli Wismar und zwei Tage später Lübeck. Auf dem Programm stehen Hafen-Gottesdienste, Musik, Kinderangebote und Talkrunden.
Bis nach Norddeutschland ist Martin Luther nie gekommen. Hier brachten Reformatoren wie Johannes Bugenhagen, Joachim Slüter, Johannes Block, Heinrich von Zütphen und Hermann Tast die neuen Ideen in die Region.
Wer die Welt heute verstehen will, sollte sich mit der Reformation befassen, sagt der Greifswalder Bischof Hans-Jürgen Abromeit. „Luther hat dem Mittelalter den radikalen Abschied gegeben.“ Nicht nur die Kirche, sondern die ganze Gesellschaft sei durch die Reformation eine andere geworden.
Erst mit dem neuen Denken Luthers sei die ständische Gesellschaft aufgehoben worden. Abromeit: „Ein weltlicher Beruf war auf einmal so viel wert wie ein geistlicher.“ Auch Luthers Forderung nach Bildungsmöglichkeiten für alle sei aktueller denn je.
Etwa 40 Ausstellungen, Vorträge und Konzerte plant die Hansestadt Stralsund im Gedenkjahr. Ende April 2017 wird im Stadtmuseum die Ausstellung „Helden sind nicht Einzelne“ über die Reformation in Stralsund eröffnet. Gezeigt werden ein Cranach-Porträt von Martin Luther, ein Luther-Brief an den Stralsunder Kaufmann Nikolaus Sastrow und ein kunstvoll gestalteter Ablassbrief von 1506.
Das Musiktheater-Festival Opernale widmet sich in Vorpommern den Frauen der Reformation. „Drei Frauen, drei Zeiten, eine Wurzel“ beleuchtet drei Frauengestalten aus verschiedenen Epochen: Luthers Ehefrau Katharina von Bora (1499-1552), die niederdeutsch dichtende Pfarrerstochter Alwine Wuthenow (1820-1908) aus Greifswald sowie die RAF-Terroristin und schwäbische Pfarrerstochter Gudrun Ensslin (1940-1977).
In Rostock wird ein Slüter-Spektakel, in Wismar das Maskentheater und in der Neustrelitzer Stadtkirche der „Jedermann“ von Hugo von Hofmannsthal aufgeführt.
Auftakt zum Jubiläumsjahr ist der traditionelle Reformationsempfang der Nordkirche am 31. Oktober. Bischof Abromeit und sein Schweriner Amtsbruder Andreas von Maltzahn begrüßen die Gäste in der Reformationsgedächtniskirche St. Maria und St. Nikolaus im mecklenburgischen Sternberg. Bischof Abromeit wird die neue Lutherbibel vorstellen, die zur 500-Jahr-Feier erschienen ist.
Nicole Kiesewetter