
Mit einem mitreißenden Programm feierte der „Jahrmarkt der Sensationen“ der Festspiele Mecklenburg-Vorpommern in Rehna seine diesjährige Premiere
Ein Schlangenmensch war schon vor Jahrhunderten die Sensation auf vielen Jahrmärkten. Als hätte er keine Knochen im Leib, verknotete er Arme und Beine und schlüpfte selbst durch das sprichwörtliche Nadelöhr. Da bekamen nicht nur Kinder kullerrunde Staune-augen. Und der Applaus wollte nicht enden.
Ähnlich war es am Mittwochabend in der Klosteranlage von Rehna, wo der „Jahrmarkt der Sensationen“ der Festspiele Mecklenburg-Vorpommern seine diesjährige Premiere feierte. Der gebürtige Belgier Bart van Dyck alias „Barto“ war es, der unter den zehn Mitwirkenden den meisten Applaus einheimste. Nicht nur, dass er seinen Körper scheinbar mühelos durch einen Draht-Kleiderbügel und – in Bückstellung! – ein enges Rohr schob. Auch als Clown wusste er kleine und große Zuschauer gleichermaßen zu begeistern. Und wie er aus einem simplen Gummihandschuh ein Kuheuter, einen Hai und schließlich sogar einen anschwellenden Hahnenkamm formte, das war einfach sensationell.
„Mit allen Sinnen erleben und wahrnehmen – das ist die ursprüngliche Bedeutung des Wortes Sensation“, erklärte der Cellist Eckardt Runge, der als „Jahrmarktsdirektor“ durch das Programm führte. Zusammen mit seinem Partner, dem chilenischen Tango-Pianisten Jacques Ammon, präsentierte er unter anderem Filmmusiken von Nino Rota und Dick Dale, mal zu den entsprechenden Szenen auf der Leinwand, mal als Einladung zum Träumen.
Schon zum zweiten Mal nach 2014 lassen die Festspiele den musikalischen Wanderzirkus durch das Land ziehen – mit einer neuen Künstlerkarawane, neuen Ideen und neuen Auftrittsorten. Gegen die Routine des Alltags, in der vieles als ganz normal und selbstverständlich wahrgenommen wird, sei es besonders wichtig, das Staunen nicht zu verlernen, erklärte Festspiel-Intendant Dr. Markus Fein, was hinter dem Format steckt. Das Premierenprogramm war sogar für ihn eine Überraschung, denn die Beteiligten hatten sich zwar im Vorfeld schon über mögliche Eckpunkte ausgetauscht. Persönlich kennengelernt und zusammen geprobt hatten sie aber erst wenige Tage, bevor die Karawane loszog.
Wie auf einem echten Jahrmarkt wanderten die gut 500 Besucher zwischen den einzelnen Attraktionen hin und her. Leierkastenmusik, Seifenblasen und Verkäufer sorgten für stilechtes Jahrmarkts-Ambiente. Und immer wieder erklang Musik. Der litauische Akkordeon-Virtuose Martynas Levickis verblüffte zusammen mit dem Wiener Jazz-Bassisten Georg Breinschmid mit einer einzigartigen Version von Vivaldis „Vier Jahreszeiten“. Begeisternd auch, wie die Musiker des vision string quartet ihre Instrumente zu Gitarren umfunktionierten und damit über die Bühne rockten.
Selbst die Seiltänzerin fehlte auf dem Jahrmarkt nicht: Der spanische Puppenspieler Raimon Ruiz del Rio dirigierte sie an 22 Fäden über die Bühne. Die ohne Worte erzählte Geschichte des kleinen Mädchens, dass statt auf dem Seil zu balancieren lieber Rollschuh laufen möchte, rührte Herz und Lachmuskeln gleichermaßen. Jahrmarkt, wie er schöner nicht sein kann.
Die Jahrmarkts-Stationen im Rostocker Zoo (Freitag, 19 Uhr) und im Gutshaus Stolpe (Sonnabend, 18 Uhr) sind ausverkauft. Für den Lokschuppen Pasewalk (Sonntag, 15 Uhr) gibt es noch Karten. |
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