Lange agierte die rechte Identitäre Bewegung nur im Netz – jetzt fallen sie durch Straftaten auf
Die Schwelle für die Geheimdienstler war vergangenes Jahres überschritten – die Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder erklärten die rechtsextreme „Identitäre Bewegung“ (IB) offiziell zum Beobachtungsobjekt. Die fremdenfeindliche Gruppierung war nach Einschätzung der Sicherheitsbehörden von reinen Internetaktivitäten zu Aktionen im realen Leben übergegangen. Für die Aktionen der IB interessieren sich in MV aber nicht nur Verfassungsschützer, sondern auch die Strafverfolgungsbehörden. Sie untersuchen mehrere Straftaten, die im Zusammenhang mit der rechten Gruppierung stehen sollen. Obgleich deren Schwere eher gering sein mag, sehen die Behörden Anzeichen für eine Radikalisierung sowie Bestrebungen gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung.
Die Staatsanwaltschaft in der Landeshauptstadt ermittelt derzeit gegen mutmaßliche Mitglieder der IB nach einer Propagandaaktion am Schweriner Schloss unter anderem wegen Hausfriedensbruchs. Unbekannte hatten im Juni vorigen Jahres ein Baugerüst am Landtag bestiegen und ein Banner mit der Losung entrollt: „Wer für Alles offen ist, ist meistens nicht ganz dicht. Identitäre Bewegung.“ Wenige Tag zuvor waren Anhänger der rechten Truppe in die Büroräume der MV-Grünen gestürmt und hatten Deutschlandflaggen verteilt. Die Aktion wurde gefilmt und die unerlaubten Aufnahmen ins Internet gestellt. „Bildnisse dürfen aber nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden“, erklärte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft.
Im Raum Rostock fielen IB-Anhänger 2016 mehrfach durch nicht angemeldete und fremdenfeindliche Versammlungen auf. Bei einer illegalen Kundgebung im Stadthafen hatten die Teilnehmer im Januar 2016 auch Nebel- und Rauchbomben geworfen, wie ein Sprecher zu den laufenden Ermittlungen mitteilte.
Laut einer Auflistung des Innenministeriums wurden im vergangenen Jahr insgesamt sechs Straftaten mit Bezügen zur Identitären Bewegung registriert. Ein Verfahren wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz wurde von der Rostocker Staatsanwaltschaft mittlerweile wegen Geringfügigkeit eingestellt. In einem weiteren Fall stuften die Ermittler eine unangemeldete Demonstration als Ordnungswidrigkeit ein und gaben sie an die städtische Ordnungsbehörde ab.
Die Liste über Straftaten aus den Reihen der Identitären Bewegung hatte das Innenministerium ausgerechnet auf Anfrage der AfD-Fraktion erstellt. Eine Verbindung der Partei zu dieser Gruppierung hat Fraktionschef Leif-Erik Holm bislang zwar stets bestritten – allerdings wurde erst vor kurzem bekannt, dass die AfD im Schweriner Landtag einen offenbar der „Identitären Bewegung“ nahestehenden Mitarbeiter beschäftigt. Die Internetplattform „Endstation Rechts“ hatte ein Foto veröffentlicht, die den Mann bei einer Demonstration der Identitären zeigte.