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Ost-West-Rentenangleichung „Hausfrau oder Bundeskanzlerin“

Von Rasmus Buchsteiner | 22.07.2016, 08:00 Uhr

Unterwegs im Nordosten: Wie die Bundesarbeitsministerin auf ihre große Chance lauert

Andrea Nahles strahlt. Sie sei gekommen, „um eine freudige Nachricht zu überbringen“, ihr Gesetzentwurf zur Ost-West-Rentenangleichung liege jetzt im Bundeskanzleramt zur Abstimmung, erklärt die Bundesarbeitsministerin ge-stern im prunkvollen Pressesaal der Schweriner Staatskanzlei. Nahles in der Rolle der Parteisoldatin. Die Nachricht, dass die Renten-Einheit naht, ist Schützenhilfe für den Mann neben ihr: Erwin Sellering, Sozialdemokrat, seit 2008 Ministerpräsident in Mecklenburg-Vorpommern. Am 4. September wird dort gewählt, und es sieht nicht besonders gut aus in den aktuellen Umfragen für den Amtsinhaber und die SPD. Da kommt Nahles mit ihrem Renten-Entwurf gerade recht. „Ein gutes Signal für die innere Einheit des Landes“ seien die Pläne, sagt die Bundesarbeitsministerin. Dass ihr Entwurf auch Nachteile für Millionen Ostdeutsche mit sich bringt, lächelt sie einfach weg.

Unterwegs mit Nahles in Deutschlands Nordosten – zwischen Berlin und Schwerin, Rostock und Kühlungsborn. In der SPD gilt sie als Hoffnungsträgerin für die Zeit nach 2017, für die Ära nach Sigmar Gabriel. Bei der Union wird die Frau mit dem blauen Hosenanzug gefürchtet, weil sie hart verhandelt, gut vernetzt ist, strategisch denkt wie kaum jemand sonst in der SPD und ihr in Sachen Arbeit und Soziales so schnell niemand etwas vormacht. Sie hat den Mindestlohn durchgeboxt, die Rente mit 63, zusätzliche Milliarden für die Flüchtlingsintegration und vieles andere mehr. Nun also die Renten-Einheit.

Von Nahles wird man in den nächsten Monaten jede Menge hören. Die Angleichung der Ost-Altersbezüge ist nur ein Anfang: Im Herbst wird sie einen weiteren Renten-Reformentwurf vorlegen. Großer Wurf oder kleine Schritte gegen Altersarmut? Noch schweigt Nahles, gibt sich unterwegs in MV geheimnisvoll. Es ist bekannt, dass SPD-Chef Sigmar Gabriel bei der Rente mehr will als sie.

Am Hafen von Kühlungsborn streift der Blick der Ministerin über das glitzernde Blau der Ostsee. Gerade hat Nahles Wissenschaftler besucht, die sich mit der Arbeitswelt der Zukunft und „Industrie 4.0“ beschäftigen, nun ist ein Startup an der Reihe. Ministerinnen-Routine für die 46-jährige, die in der Abitur-Zeitung „Hausfrau oder Bundeskanzlerin“ als Berufswunsch angegeben hatte. Nahles weiß, dass ihre Zeit noch nicht gekommen ist. Die Hoffnungsträgerin für viele in der SPD hat keine Eile. Sie lauert auf ihre Chance. 2021 wäre sie 51. Ein gutes Alter, um als Kanzlerkandidatin ins Rennen zu gehen.
 

TEASER-FOTO: Redaktion