Ein Angebot des medienhaus nord

Serie: Meister im Handwerk Harter Stein in weichen Formen

Von Viviane Offenwanger | 16.05.2017, 12:00 Uhr

Als Vertreter eines der ältesten Handwerke hat Steinmetz und Steinbildhauer Uwe Lange keine Sorge um das Fortbestehen seines Betriebes

Ohne sie gäbe es keine Pyramiden in Ägypten, von römischen Kaisern hätte es keine Büsten aus Stein gegeben und auch das Schweriner Schloss oder Rostocks „Alte Münze“ hätten die Jahrhunderte wohl nicht überdauert.

Das Handwerk der Steinmetze ist eines der ältesten und geheimnisvollsten. Viele Jahrhunderte lang hielten die Experten ihre Kenntnisse geheim – nur Gesellen im Dienst eines Meisters oder einer Bauhütte wurden eingeweiht. Heute jedoch ist das Handwerk geprägt durch eine moderne und zeitgemäße Ausbildung, die offen mit den Herausforderungen der Zeit umgeht. Die Liebe zur Tradition aber ist geblieben.

„Angehende Steinmetze lernen auch heute zuerst die traditionellen Bearbeitungsweisen mit Hammer, Fäustel, Knüpfel und Eisen“, erklärt Steinbildhauermeister Uwe Lange. Erst wenn sie ein Gefühl für das Material bekommen haben, dürften sie sich auch an technische Hilfsmittel wie Druckluftmeißel oder die Flex wagen. „Mit moderner Technik kann man heute schon recht kunstvolle Sachen machen, aber erst durch Handarbeit bekommt Stein eine individuelle Note.“

Der 56-Jährige stammt aus einer Handwerkerfamilie. Sein Großvater Rolf Lange gründete bereits 1951 den Betrieb als erster Steinbildhauermeister Mecklenburgs. Die drei Söhne Wolfgang, Siegfried und Dietmar – Uwe Langes Vater – bildete er zu Steinmetzen aus. Auch der Schweriner lernte von seinem Vater das Handwerk und führt seit 2003 das Familienunternehmen in dritter Generation. „Die vierte steht auch schon Gewehr bei Fuß“, sagt er stolz. Sohn Robert ist bereits im Unternehmen tätig. Ein Glücksfall, denn besonders das Thema Unternehmensnachfolge sei im Handwerk schwierig. „Die Verantwortung ist sehr groß, was viele verkennen. Zudem muss man nicht nur gut arbeiten, sondern auch verkaufen können und betriebswirtschaftliche Aspekte beachten“, sagt Lange. Die Aufgaben des Betriebes haben sich ebenfalls verändert. „Zu Zeiten meines Großvaters gab es noch viele bildhauerische Aufgaben. Das ist inzwischen selten geworden.“ Rolf Lange beispielsweise arbeitete regelmäßig an Statuen wie den Permoserplastiken im Schweriner Schlossgarten oder der Götterallee im Schlossgarten Neustrelitz. Er entwarf sogar die Anlage „Kap Arkona“ in Grevesmühlen. Als die Aufträge langsam nachließen – „inzwischen ist alles im Land gut restauriert“ – entschied sich Uwe Langes Vater Dietmar, den Fokus auf die Gestaltung von Grabmalen umzulegen. Sie machen bis heute 90 Prozent der Aufträge aus, erklärt Uwe Lange. Das Portfolio habe er trotzdem auch um die Bereiche Innenausstattung (Arbeitsplatten, Böden, Wandverkleidungen) und Garten- sowie Landschaftsbau (Ziersteine und Brunnen) erweitert. „Aber auch Skulpturen könnte ich ohne Probleme aus Stein hauen“, sagt der Schweriner mit einer Spur Stolz. Nicht umsonst sind in seiner Ausstellung auch einige Bildhauerarbeiten zu sehen, wie ein Bär auf einer Kugel aus Sandstein – die Meisterarbeit seines Sohnes.

Es ist nicht das einzige Stück Geschichte, dass in der Werkstatt lagert. Auch historische Stücke, die erneuert wurden und das Meisterstück seines Großvaters finden sich hier. „Das war ein Kinderkopf in Sandstein geschlagen. Der wurde damals verkauft und stand viele Jahre auf einer Grabstelle. Beim Räumen dieser ist er mir wieder in die Hände gefallen und nun gebe ich ihn auch nicht mehr her.“

Die Welt der Steinmetze ist geprägt von Gegensätzen. Das grobe Behauen des Steins wechselt sich ab mit dem filigranen Zeichnen von Blumenornamenten. Körperliche Anstrengung wird abgelöst durch das Nachdenken über künstlerische Probleme. Oder eben solche, die mit der sich verändernden Bestattungskultur einhergehen. Werden diese auf Dauer das Grabmal ersetzen?

Steinbildhauermeister Lange glaubt nicht daran. Denn „viele Kunden, die alternative Bestattungsmethoden wählen, bereuen diesen Schritt später.“ Der Mensch brauche im tiefsten Inneren einen Anlaufpunkt für seine Trauerbewältigung. „Oft sind es Vorurteile, die die Kunden vom Erwerb eines klassischen Grabmals abhalten, wie der hohe Preis und der Pflegeaufwand“, erklärt der 56-Jährige. Doch inzwischen gäbe es durchaus Angebote, die die Angehörigen entlasten. Wie gärtnergepflegte Grünanlagen mit ausgewiesenen Grabflächen.

Die Materialien für solche Monumente, die der Schweriner als eine Art Kunst ansieht, stammen aus der ganzen Welt. Ob italienischer Marmor, türkischer Travertin oder metamorphe Gesteine aus Brasilien, die Auswahl ist riesig. Der größte Zulieferer für die industriell vorgefertigten Fabrikate ist jedoch Indien. „Es mag verrückt klingen. Aber ein Stein, der Tausende Kilometer bis nach Deutschland gebracht werden musste, ist – inklusive Versandkosten – oft günstiger als einer aus dem Nachbarort“, erklärt der Steinmetz. Das liege daran, dass dort viele Natursteine als Gebirge vorkommen. Auch die Lohnstrukturen spielten eine Rolle. Trotz der künstlerischen und sehr individuellen Arbeit habe das Handwerk der Steinmetze und Steinbildhauer noch immer ein schlechtes Image, erklärt Lange.

„Eltern wollen unbedingt, dass ihre Kinder studieren, statt eine Ausbildung zu machen.“ Trotzdem würden viele Studierte keinen Job finden und auch das Handwerk brauche willige Kräfte. „Ein Realschulabschluss ist Pflicht, denn in diesem Beruf sind Kenntnisse in Mathematik, Physik und sogar Chemie gefragt. Auch zeichnerisches Talent sollte vorhanden sein.“ Räumliches Vorstellungsvermögen und ein hohes Maß an Sorgfalt runden das Anforderungsprofil ab.

Doch was genau ist nun der Unterschied zwischen Steinmetzen und -bildhauern? „Während Steinmetze sich mehr auf die baulichen Tätigkeiten wie Versetz- und Verlegearbeiten und das Formen von Grabsteinen konzentrieren, sind Steinbildhauer eher künstlerisch tätig und fertigen Skulpturen oder Plastiken an“, erklärt Uwe Lange.

 

Der Ausbildungsberuf
Wo kann man den Beruf erlernen?  Königslutter (NS) Wie lange dauert die Ausbildung? 3 Jahre Wie gestaltet sich der Weg Zum Meister? Die betriebswirtschaftlichen, kaufmännisch-rechtlichen sowie berufs- und arbeitspädagogischen Kenntnisse (Teile 3 und 4) werden im Bildungs- und Technologiezentrum der Handwerkskammer Schwerin angeboten. Fachtheorie und Fachpraxis (Teile 1 und 2) können bei der Handwerkskammer Braunschweig-Lüneburg-Stade absolviert werden. Wie sehen die Berufschancen aus? Über die Ausbildungsmöglichkeiten und -betriebe im Land informieren die Ausbildungsberaterinnen der Handwerkskammer Schwerin unter Tel. 0385 7417-136 oder -172.