Genehmigungsverfahren für das umstrittene LNG-Terminal an Rügens Küste schreiten voran. Ein wichtiger Entwurf wird nun veröffentlicht. Müssten eigentlich auch Nachbarstaaten beteiligt werden?
Sollten die Nachbarstaaten Dänemark, Schweden und Polen bei der Genehmigung der Anbindungs-Pipeline für das Rügener Flüssigerdgas (LNG)-Terminal Mitsprache erhalten? Mindestens Dänemark und Schweden haben sich jüngst an Deutschland gewandt und zumindest Informationen zu dem Projekt angefragt. Das teilten die Zuständigen in den Nachbarländern auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mit.
Auf Umweltverträglichkeitsprüfung verzichtet
Nach der sogenannten Espoo-Konvention müssen möglicherweise betroffene Nachbarstaaten vor der Genehmigung eines Projekts im Rahmen einer grenzüberschreitenden Umweltverträglichkeitsprüfung beteiligt werden. Dies ist im Genehmigungsverfahren für die insgesamt rund 50 Kilometer lange Anbindungsleitung durch den Greifswalder Bodden und entlang Rügens Küste bis zum geplanten LNG-Terminal in Mukran nicht passiert.
Kein Bedarf, heißt es vom Schweriner Wirtschaftsministerium, weil sich das Vorhaben ausschließlich in deutschen Küstengewässern befindet. Auswirkungen auf das Gebiet benachbarter Staaten seien nicht zu erkennen. Der Gasnetzbetreiber und Vorhabenträger Gascade argumentiert, laut LNG-Beschleunigungsgesetz (LNGG) könne auf eine Umweltverträglichkeitsprüfung verzichtet werden.
Deutschland riskiert Normenkontrollklage
Anders sieht es die Umweltstiftung WWF: „Eine umfängliche Umweltverträglichkeitsprüfung, die der Espoo-Konventionen folgt, ist unabdingbar“, schreiben die Umweltschützer in einer Stellungnahme. Erhebliche Eingriffe in die Meeresnatur im deutschen, dänischen, schwedischen und polnischen Naturraum könnten nicht ausgeschlossen werden.
Die Konvention greife speziell auch bei großen Pipelines. Der WWF verweist etwa auf die Freisetzung von Nährstoffen durch die Bauarbeiten oder auch die Zunahme des Schiffsverkehrs in Grenznähe in Form der erwarteten LNG-Tanker. Im Fall einer Genehmigung ohne grenzübergreifende Beteiligung riskiere Deutschland eine Normenkontrollklage, warnte Finn Viehberg vom WWF-Ostseebüro. Auch der Naturschutzbund (Nabu) MV fordert eine Espoo-Prüfung.
Schweden und Dänemark reagieren
Aus Schweden heißt es, man habe durch einen Deutschen Verband von dem Projekt erfahren und Informationen beim deutschen Espoo-Kontakt angefragt. Diese seien in Aussicht gestellt worden. Der schwedische Espoo-Ansprechpartner schrieb, man könne bislang nicht beurteilen, ob das Projekt unter die Espoo-Konvention falle. Ähnliches schrieb der für Dänemark zuständige Ansprechpartner: Man habe nach einer E-Mail des WWF den deutschen Kontakt angefragt. Vor einer Antwort aus Deutschland könne man etwaige grenzüberschreitende Auswirkungen und Pflichten zur Beteiligung nicht einschätzen. Eine Anfrage an Polen blieb zunächst unbeantwortet.
Genehmigungsentwurf für Teile von LNG-Anbindungsleitung öffentlich
Das Bergamt Stralsund hat Genehmigungsentwürfe im Zusammenhang mit dem geplanten Rügener Terminal für Flüssigerdgas (LNG) veröffentlicht. Dabei geht es zum einen um den ersten Seeabschnitt der Anbindungspipeline und zum anderen um den Anschlusspunkt in Mukran im Norden Rügens. Die Unterlagen liegen seit Dienstag für vier Tage in Papierform aus und sind auch online zugänglich. Dabei geht es um eine Informationsverpflichtung entsprechend des LNG-Beschleunigungsgesetzes (LNGG). Die eigentlichen Genehmigungsbescheide können erst im Anschluss erteilt werden.
Mit Bau schon längst begonnen
Insgesamt soll die Anbindungsleitung rund 50 Kilometer vom Gasleitungsknotenpunkt in Lubmin durch den Greifswalder Bodden an Rügens Küste entlang bis nach Mukran führen. Die Anbindung ist in vier Bereiche aufgeteilt: zwei Seeabschnitte und die beiden Anlandepunkte in Lubmin und Mukran. Der Anschlusspunkt in Lubmin wurde bereits genehmigt, und ein sogenannter Mikrotunnel, durch den die Leitung hier anlandet, bereits gebaut. Einer der nun ausliegenden Genehmigungsentwürfe bezieht sich auf eine ähnliche Anlage am Anlandepunkt in Mukran. Der andere nun veröffentlichte Entwurf bezieht sich in etwa auf die erste Hälfte der Offshore-Leitung ab Lubmin. Das Verfahren für den zweiten und somit letzten verbleibenden Teil - den zweiten Seeabschnitt bis Mukran - läuft.
Das eigentliche Terminal in Mukran in Form von zwei Spezialschiffen zur Anlandung von per Schiff geliefertem LNG und die dafür notwendigen Anlagen im Hafen gehören nicht zu den vier Teilvorhaben. Hier ist statt des Bergamts Stralsund das Staatliche Amt für Landwirtschaft und Umwelt Vorpommern zuständig.