In den Kitas ist das Personal knapp. Viele Einrichtungen im Nordosten können nur mit Hilfe von Ausnahmegenehmigungen für Seiteneisteiger die Betreuung der Kinder sicherstellen. Neue Ausbildungswege sollen rasch Erziehernachwuchs bringen. Doch die sind umstritten.
Die Kritik an den von SPD und CDU geplanten Änderungen am Kitagesetz von Mecklenburg-Vorpommern reißt nicht ab.
Unmittelbar vor der für Mittwoch vom Sozialausschuss anberaumten öffentlichen Experten-Anhörung meldete auch die Gewerkschaft Verdi Bedenken an. Der vorgelegte Gesetzentwurf sei „Flickschusterei“ und führe zu gravierenden Qualitätsverlusten in der pädagogischen Arbeit, erklärte Verdi-Geschäftsführerin Diana Markiwitz am Montag in Schwerin.
Umstritten ist vor allem die Einführung einer dreijährigen, praxisintegrierten Erzieher-Ausbildung, mit der dem Personalmangel in den Kindertagesstätten des Landes entgegengewirkt werden soll. Die oppositionelle Linke, Verdi und auch die Bildungsgewerkschaft GEW befürchten damit den Einstieg in eine Zwei-Klassen-Beschäftigung.
„Die jungen Leute bekommen eine Schmalspurausbildung, die nur in Mecklenburg-Vorpommern einsetzbar ist und ihnen - trotz verlockender Ausbildungsvergütung - im Beruf dann finanzielle Nachteile bringt“, beklagte Markiwitz. Das Einstiegsgehalt liege um etwa 200 Euro im Monat niedriger als bei Berufsanfängern mit der bisher üblichen, allerdings kostenpflichtigen akademischen Ausbildung über vier Jahre.
Nach dem Willen der Koalition soll das neue Gesetz noch vor der Sommerpause beschlossen werden. Damit könnten schon im September die ersten dualen Modell-Ausbildungsgänge für Erzieher beginnen. Die Träger der Kindertagesstätten stehen dem Vorhaben im Wesentlichen positiv gegenüber, weil sie sich eine praxisnahe Ausbildung und eine frühzeitige Bindung der Nachwuchskräfte an die Einrichtung erhoffen.
Laut Gesetzentwurf sollen künftig auch ausgebildete Tanz- und Theaterpädagogen, Musik- und Sportpädagogen, Logopäden, Kinderkrankenpfleger, Hebammen sowie Physiotherapeuten und Ergotherapeuten als vollwertige Fachkräfte in Kitas eingesetzt werden. 2016 hatten Kita-Träger fast 240 Ausnahmeanträge gestellt, um unterqualifiziertes Personal als Fachkräfte beschäftigen zu können.
Verdi-Geschäftsführerin Markiwitz beklagte, dass in der etwa zweistündigen Experten-Anhörung im Landtag fast nur Kita-Träger und Kommunalverbände zu Wort kommen. Verdi als Interessenvertretung der Erzieherinnen und Erzieher hingegen bleibe außen vor. „Es scheint, dass der Sozialausschuss keine kritischen Bewertungen hören möchte“, sagte Markiwitz. Die Gewerkschaft wolle sich daher mit einer Protestaktion am Mittwoch vor dem Schweriner Schloss Gehör verschaffen und so auch „ein Zeichen für gute Bildungsqualität in Krippen, Kitas und Hort setzen“.
Sozialministerin Stefanie Drese (SPD) hatte bei der Einbringung des Gesetzes Anfang April Kritik an dem Vorhaben zurückgewiesen.
Angesichts wieder steigender Kinderzahlen und des altersbedingten Ausscheidens von Erziehern gewinne die Fachkräftesicherung an Bedeutung, rasches Handeln sei geboten. Den Angaben der Koalition zufolge geht im Nordosten etwa jede vierte der gegenwärtig 11 000 Erzieherinnen und Erzieher in den kommenden zehn Jahren in Rente.