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Landtags-Wahlkampf AfD Die Ahnungslosen

Von MSEI | 24.08.2016, 20:55 Uhr

Ominöser schwäbischer Verein betreibt offen Wahlwerbung für die AfD. MV-AfD weiß von importierter Unterstützung angeblich nichts

Wahlkampf ist eine teure Sache, insbesondere ein Landtags-Wahlkampf.  Deshalb sind Laternenmasten geradezu eingehüllt von Kleinplakaten. Großflächen können sich nicht alle und nicht in gleicher Zahl leisten.

Doch die selbst ernannte Alternative für Deutschland (AfD) kann. Die BILD-Zeitung schrieb jüngst von  12 anonymen Millionären, die der Partei Werbung finanzierten. Bewiesen ist das nicht, jedoch scheint die Partei im Gegensatz zu einigen Wettbewerbern aus dem Vollen schöpfen zu können.

Über direkte Parteispenden hinaus scheint es sogar   weitere  Gönner zu geben. Denn neben den AfD-eigenen Großaufstellern prangen seit Tagen auch solche, die jenen der AfD zum Verwechseln ähnlich sehen - und doch nicht von ihr kommen.

Wer genau hinsieht, stößt auf eine ominöse „Vereinigung zur Erhaltung der Rechtsstaatlichkeit und der bürgerlichen Freiheiten“.  Sitz Burgstallstraße 54 in  70199 Stuttgart, angeblich parteiunabhängig. Wer sich  ihre Internetseite ansieht, ihr Facebook-Profil sowie das sehr verwandte Profil einer „ERF.Fraktion“, bekommt einen deutlichen Eindruck, wes Geistes Kind die Unterstützertruppe ist - hart am rechten Rand, teils darüber hinaus.  Manches deutet auf Verbindungen zur „Neuen Rechten“ hin, wie die intellektuelle  rechtsextreme Szene genannt wird. Der Stuttgarter Laden gab bis vor kurzem noch vor, eingetragener Verein zu sein, tilgte dies aber inzwischen.

Viele Haushalte in MV bekamen aus dieser Quelle jetzt  ein aufwändig produziertes „Extrablatt“ in den Briefkasten, das aber laut Impressum gar kein „Blatt“ sein will, sondern ein „unpersonalisiertes Mailing“. Das ist pfiffig, weil man mit so einer Postwurfsendung das Presserecht umgeht. Das scheint  auch ratsam, weil das Blättchen in Zeitungsanmutung reihenweise Artikel und Zitate verwendet, bei denen das Einverständnis der Urheber  fraglich ist - etwa ein Artikelfragment des streitbaren, aber eher linksliberalen Publizisten Hendrik M. Broder. 

Der  Betreiber der Webseite, Michael Paulwitz,  ist nicht erreichbar. Eine Anfrage blieb unbeantwortet. Am Wochenende hatte die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung (FAS)  berichtet.  Nach deren Recherchen war Paulwitz zumindest  unlängst noch Mitglied der Stuttgarter Republikaner. Davor stand    als Betreiber von Webseite und  Verein noch der fränkische AfD-Politiker Josef Konrad im Impressum – laut FAS „ein Medienprofi, der in Leipzig einen Verlag betreibt und AfD-Publikationen herausgibt“.

Der Stuttgarter Verein mit Rechtsauslage ist  schon aus den Wahlkämpfen  in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz im März bekannt. Auch dort unterstützte der Verein mit Briefkastenfirma-Anmutung explizit die AfD. Auch damals kam laut FAS der Verdacht auf, es sollte so „eine illegale Parteispende getarnt werden“. Ein Verstoß gegen das Transparenzgebot laut Parteiengesetz.   Ein Fall für die Bundestagsverwaltung, die allerdings in der Regel erst auf Basis der jährlichen Rechenschaftsberichte  der Parteien die Korrektheit der Finanzierung prüft. Bislang ist kein Ergebnis bekannt - eine Anfrage unserer Redaktion blieb mit Verweis auf die Unerreichbarkeit der Spezialisten zunächst ergebnislos.

Leif Erik Holm, AfD-Spitzenkandidat  in MV, gibt sich indes ahnungslos. Nein, er kenne den Verein nicht,  es gebe keine Kontakte der Landespartei zu der Truppe. Ja, er habe sich  die Webseite angeschaut, aber nein - dass dort auch etliche Bürger aus MV als Spender  aufgeführt sind, habe er noch gar nicht entdeckt. Und nein,  trotz  jüngster Berichte hätte er  „keinen Anlass und keine Zeit“, Kontakt zum Verein aufzunehmen. „Aber vielleicht mache ich das mal nach der Wahl. Vielleicht schicke ich ihm dann ein Dankesschreiben.“

Sorgen, wegen der angeblich ungebetenen Hilfe in juristische Probleme zu geraten, macht Holm sich nicht.  Es sei  jedem unbenommen, Parteien zu unterstützen. „Wenn Gewerkschaften die SPD  unterstützen, nimmt ja auch niemand Anstoß“, sagte er. Was er nicht sagt: Auch Gewerkschaften müssten eine Wahlunterstützung transparent und demokratisch beschließen.