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Martin Schulz in Rostock Der Typ, der im Osten gut ankommt

Von JORO | 10.05.2017, 20:45 Uhr

SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz wirbt auf Wahlkampf-Tour in Mecklenburg-Vorpommern für soziale Gerechtigkeit

Martin Schulz (SPD) bestellt einen doppelten Espresso, während die Schlange vor dem Barocksaal in Rostock minütlich länger wird. Er ist bestimmt, stellt sich freundlich vor: „Ich bin Martin Schulz.“ An seiner Seite: Manuela Schwesig (SPD). „Martin Schulz ist ein Typ, der bei den Menschen gut ankommt“, lobt sie ihren Genossen. Vor allem im Osten. Mit Peer Steinbrück sei das 2013 nicht so gewesen. Schulz besuchte gestern das Cura Seniorenzentrum in Pasewalk, bevor er in Rostock zu einem Bürgerforum einlud.

Warum der SPD-Spitzenkandidat am Mittwoch durch Mecklenburg-Vorpommern tingelte und seiner Partei nicht in Nordrhein-Westfalen den Rücken stärke – schließlich wird dort am Sonntag der neue Landtag gewählt – beantwortet er ganz keck mit einem: „Einer Ministerin wie Manuela Schwesig etwas abzuschlagen fällt schwer.“ Die Bundesfamilienministerin hätte ihn schon vor Monaten gefragt. Schließlich sind auch die Menschen in Mecklenburg-Vorpommern berechtigt, am 24. September bei der Bundestagswahl ihr Kreuz zu setzen.

Schulz redet gerne – und viel. Eine Stunde wiederholt er seine Wahlprogramm: Er halte seine Versprechen, verspricht er. Dabei gibt er eigentlich gar keine Versprechen, sagt er. Außer, dass er sich bemühen werde. „Ich bin der konkreteste Politiker. Ich bin in 100 Tagen konkreter geworden als Merkel in zwölf Jahren.“ Die Kritik an der amtierenden Bundeskanzlerin und seiner Konkurrentin von der CDU wird lauter – eine erste Böe vor dem Wahlkampfsturm? Martin Schulz hat Visionen: Er will die Vereinbarkeit von Familie und Beruf stärken, das Breitbandnetz ausbauen, in Forschung und Bildung investieren, den ländlichen Raum stärken, eine neue Dynamik in Europa entwickeln, einen Risikokapitalfonds für Start-Ups einrichten, Rechtspopulisten die Stirn bieten und ermöglichen, dass jeder der rund 82 Millionen Bundesbürger in Deutschland nach seinen individuellen Bedürfnissen leben kann. Schulz verweist auf Artikel eins des Grundgesetzes: „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Egal, unter welchen Voraussetzungen er am Leben teilnimmt.“ Schulz spricht davon, dass sich niemand innerhalb der Gesellschaft abgehängt fühlen dürfe. Er habe ein Gehör für die Sorgen und Probleme jedes Einzelnen und er wisse, wie es sich anfühle, nachts nicht schlafen zu können, weil das Leben einem gerade Steine in den Weg legt. Er selbst habe mit 27 Jahren vor den Trümmern seiner Existenz gestanden. Er sei ganz unten gewesen. „Ich glaube an zweite Chancen. Und das ist keine Sozialromantik, das ist nicht Retro“, schreit der SPD-Politiker in den überfüllten Saal. „Wir müssen wieder ein Volk der guten Nachbarn werden.“