Wenn Preisträger der Festspiele MV zusammenkommen, dann wird nicht nur musiziert – es fliegen auch Hölzer
Das Team ist der Star: Hier gibt es keinen Gedanken an große Solo-Auftritte, steht jeder für den anderen ein, präsentiert sich „La Mannschaft“ auch jenseits der Trainingseinheiten als Gemeinschaft. Und als am Abend dann die von ebensolchem Teamgeist beseelten Isländer die mit Einzelkämpfern besetzten Engländer schlagen und zurück auf die Insel schicken, ist der Jubel vor den Smartphone-Bildschirmen im Hotelfoyer groß. „Brexit, die Zweite“, juxt Martin Helmchen.
Helmchen? Nein, der Pianist und Preisträger der Festspiele MV (FMV) weilt nicht im EM-Quartier der deutschen Kicker in Evian, sondern in Hasenwinkel – doch auch hier ist die Europameisterschaft natürlich allenthalben Gesprächsthema. Und Jogi Löw hätte zweifellos seine Freude am hiesigen Team-Spirit unter den Musikern des Preisträger-Projekts: Denn mag Vilde Frang als diesjährige Preisträgerin in Residence auch offiziell die Kapitänsbinde tragen, der norwegischen Violinistin liegen nicht nur jegliche Star-Allüren fern, sie setzt auch auf das Miteinander und den Austausch untereinander. Wenn die 29-Jährige etwa im Schubert-Oktett die erste Geige spielt, dann lauscht sie aufmerksam den Kommentaren der Kollegen und bringt eigene Vorschläge beinahe zurückhaltend ein: „Vielleicht sollten wir alle etwas mehr zusammenrücken?“
Und eben solchen Teamgeist pflegen auch die anderen 13 Musiker in Hasenwinkel, wo die Nordmetall-Stiftung als Hausherr und FMV-Sponsor ihr Seminarhotel den Musikern für eine Woche überlassen haben: Sei es der Schweizer Klarinettist Reto Bieri, der den Satzbeginn in einem gewaltigen Tremolo zuspitzt – oder auch Nils Mönkemeyer, der angesichts mangelnder Übereinstimmung in Brahms’ Streichquartett lachend meint: „Das klingt harmonisch komisch…“ Sich nicht ganz so ernst nehmen, über sich selbst und miteinander lachen zu können: Dem Bratscher ist diese Facette ebenso zu eigen wie der nötige Humor im Umgang mit den eigenen sportlichen Talenten. Als sich der 38-Jährige spätabends beim Kegeln im Schlosskeller zum Team „Beethoven“ um FMV-Intendant Markus Fein gesellt und gleich einen „Pudel“ wirft (womit der Sieg gegen die „Metallica“-Mannschaft in weite Ferne rückt), leistet Mönkemeyer lachend Abbitte für den fehlenden Schwung. Bitte gewährt – zumal der Bratscher zuvor beim Wikingerschach auf dem Schlossrasen durchaus Treffsicherheit beim Wurf mit den Rundhölzern bewiesen hatte… was zwar manchen Musikerkollegen ob der fliegenden Massivhölzer lieber einen Schritt zur Seite treten und auch die Vögel im Park immer wieder in ihrem Gesang verstummen ließ, doch am Ende zählt(e) auch hier vor allem eines: der Teamgeist. Ein Enthusiasmus für das Miteinander, das selbst nach neun Stunden kräfteraubender Intensiv-Proben romantischer Kammermusik Cellist Sebastian Klinger schwungvoll zur nicht gerade leichten Kegelkugel greifen oder Bieri kurzerhand bei der Probe zu Brahms’ Klarinettenquintett einspringen lässt: Da der hier eingeplante Matthias Schorn nämlich erst wenige Stunden vor dem Konzert anreist, wäre andernfalls nur noch ein kurzes Einspielen mit ihm möglich gewesen – „was dann doch schon verdammt knapp gewesen wäre“, zeigt sich Klinger sichtlich erleichtert ob des grandiosen Schweizer „Ersatzmanns“. Ob auf dem Platz oder auf der Bühne: Am Ende zählt eben die Mannschaft.
Konzerttermine im Rahmen des Preisträger-Projekts:
- 1. Juli, 19.30 Uhr, Klosterkirche Rühn
- 2. Juli, 18 Uhr,Heiligen-Geist-Kirche Wismar
- 3. Juli, 12 Uhr Schloss Ulrichshusen