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Upcycling Atelier in Rostock Aus Müll werden Designer-Stücke

Von JORO | 18.05.2017, 11:45 Uhr

In dem Upcycling-Atelier stehen interkulturelle Begegnungen auf der Tagesordnung. Gründerin Inna Kirsanova wird für ihre Idee ausgezeichnet

Der Stoff türmt sich neben gut sortiertem Garn und bunten Knöpfen – Reste von zerschlissenen Jeanshosen, ausgeblichenen Gardinen und längst aussortierter Bettwäsche. In der Mitte des Raumes steht ein großer Tisch. Natalia Friedmann schneidet Muster zu – eine Auftragsarbeit für den Hanse Sail Verein. „Das machen wir hier auch, aber nicht hauptsächlich“, sagt Inna Kirsanova, Gründerin des Upcycling Ateliers in Rostock. „Meist fertigen wir aus gebrauchten, alten Sachen etwas Neues an“, erklärt sie. Damit scheinbar nutzlose Materialen nicht in der Mülltonne verschwinden, hat Kirsanova im Dezember 2012 ihr Studio eröffnet –„gegen die Wegwerfgesellschaft“ – und damit einen Raum für Begegnungen geschaffen. „Es gibt zahlreiche kreative Köpfe, aus den unterschiedlichsten Kulturkreisen, für die das Atelier eine Austauschplattform ist.“

Inna Kirsanova baut Brücken. Sprachen, Religionen und Hautfarben spielen in ihrem Leben keine Rolle. Für dieses Engagement wird sie heute von der Bundeszentrale für politische Bildung im Rostocker Rathaus ausgezeichnet.

Am 23. Mai 2000 gründeten die Bundesministerien des Inneren und der Justiz das Bündnis für Demokratie und Toleranz (BfDT) – gegen Extremismus und Gewalt. Seit 2011 ist dessen Geschäftsstelle Teil der Bundeszentrale für politische Bildung.

Jedes Jahr im Juli schreibt das BfDT den Wettbewerb „Aktiv für Demokratie und Toleranz“ aus. Dieses Mal werden deutschlandweit insgesamt 84 Initiativen und Projekte geehrt – zwei kommen aus Mecklenburg-Vorpommern. Nebst Inna Kirsanova können sich auch die Gründer des Demokratiebahnhofs in Anklam freuen.

Ein Großteil der Materialien aus dem Upcycling-Atelier wird gespendet, ein anderer angekauft. Das Geld dafür nehmen Kirsanova und ihre ehrenamtlichen Helferinnen aus den Einnahmen für Workshops und Seminare oder aus dem Verkauf „upcycleter“ Produkte. So werden aus Männerhemden Frauenblusen, aus Vorhängen Mäntel oder aus Kaffeetüten Handtaschen.

Oftmals fertigen die Damen auch Spielzeug an, das gerade bei Bildungsträgern und Kitas sehr beliebt ist – zum Beispiel den „Buchstabensalat“, der zum Erlernen des Alphabets genutzt wird. „Jeder kann herkommen und sein Handwerk anderen beibringen“, sagt Kirsanova. Damit steht das Projekt auch für Integration. „Menschen aus aller Herren Länder kommen fantastisch miteinander aus. Vielleicht funktioniert das so gut, weil ich selbst Migrantin bin.“

Inna Kirsanova kam 1991 als Gaststudentin nach Rostock – zunächst für zwei Semester. „Zur Beendigung meines Studiums ging ich nach Russland zurück. 1997 kam ich wieder und dann bin ich auch geblieben“, erzählt sie. Neben ihrer Arbeit im Upcycling-Atelier gibt Kirsanova Sprachkurse. „Das Schöne an dem Upcycling-Projekt ist, dass Flüchtlinge die Möglichkeit bekommen, ihre Talente und ihr Können an andere weiterzugeben. Sie leisten so ihren Beitrag zur Gesellschaft, fühlen sich aufgehobener“, erläutert Kirsanova, die nur noch einen Wunsch hat: „Unsere Räumlichkeiten sind zwar für Veranstaltungen ideal, aber schlecht, wenn wir unsere Verkaufsprodukte zeigen wollen. Ein Platz im Zentrum mit einer Miete, die wir uns leisten können, wäre ideal.

 

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Info

Das Atelier, Platz der Freundschaft 1 in Rostock, ist Montag bis Freitag von 11 bis 17 Uhr geöffnet.

 

Projekte für mehr Toleranz - Die Gewinner aus Norddeutschland
• Durch das Projekt Leuchtturm aus Barmstedt in Schleswig-Holstein wird Flüchtlingshilfe lebendig. Der dazugehörige Arbeitskreis erhält 1000 Euro. • Dank der Interessensgemeinschaft QueerTausch werden lesbische, schwule, bisexuelle und transidente Menschen in einen Schüleraustausch oder in internationale Freiwilligendienstprogramme vermittelt. Das Projekt aus Hamburg bekommt 1000 Euro. • Die Initiative Aktion Menschlichkeit und Toleranz setzt sich seit 2014 gegen Fremdenhass und Rassismus in Glinde, Schleswig-Holstein, ein. Das Projekt M.u.T. Glinde! wird mit 1000 Euro unterstützt. • Als 1200 Geflüchtete in der Messehalle B6 in Hamburg untergebracht wurden, formierte sich ein großes Helfernetzwerk. Die Kleiderkammer Messehalle erhält 1000 Euro. • 2014 gründeten Jugendliche in Anklam den Demokratiebahnhof. (4000 Euro) • Der Hamburger Fürsorgeverein von 1948 bietet mit dem „Vorbereitungskurs Ehrenamt Straffälligenhilfe“ eine anerkannte Qualifizierung von ehrenamtlich Aktiven an. (1000 Euro). • 2016 wurde in Hamburg „BOX-OUT Training 4 U!“ ins Leben gerufen –  ein Boxprojekt für unbegleitete, minderjährige Geflüchtete zur Prävention von Jugendgewalt. (1000 Euro)