Lebenskünstler Maximilian Zycha aus Beiersdorf im Landkreis Märkisch-Oderland baut Nasenflöten und hofft auf den Durchbruch für das Holzinstrument
„Die meisten Vogelstimmen kann man imitieren“, sagt Maximilian Zycha und setzt sich eine seltsame, kleine Holzkonstruktion vor seine beiden Nasenlöcher und die Mundöffnung. Der 64-Jährige bläst mit der Nase Luft hinein und bewegt den Mund – es erklingt täuschend echtes Gezwitscher. Schon die Indios in Lateinamerika hätten diese Nasenflöten benutzt, um Vögel anzulocken und zu jagen, erklärt der gebürtige Österreicher, der in seiner Werkstatt in Beiersdorf (Märkisch-Oderland) Nasenflöten aus edlen Hölzern baut.
Bei ihm sind die Mini-Instrumente nicht für die Jagd bestimmt, sondern zum Musikmachen. „Sie sind im klassischen Sinne eine Flöte“, stellt Zycha klar. Bekannte Bands wie Die Ärzte oder Die toten Hosen hätten Nasenflöten bei Konzerten als Melodieinstrumente verwendet.
Zycha spielt aber nicht nur Nasenflöte, sondern auch Klavier, Gitarre, Geige und Blockflöte. Das Trommeln hat er 1994 in Afrika gelernt. Zudem hat er eine große Sammlung an Percussion-Instrumenten.
Der Wahl-Brandenburger ist kein gelernter Instrumentenbauer, sondern eher ein Lebenskünstler. Sein Studium in Berlin brach er in den 1970er Jahren ab, weil es ihm „zu trocken“ erschien. Zycha zog es stattdessen für ein halbes Jahr nach Nepal. Nach Berlin zurückgekehrt, hielt er sich mit Aushilfsjobs über Wasser und entdeckte seine Liebe zum Arbeiten mit Holz. Statt eine Lehre zu beginnen, brachte er sich das Tischlern selbst bei, baute Hochbetten und Regale. Seine Massivholzmöbel wurden mit den Jahren immer individueller. „Ich mag keine rechten Winkel und geraden Formen“, sagt er und zeigt auf Fotos seine Kreationen, die auffällig krumme Seiten und Rundungen haben, aber nicht schief wirken – Tische, Betten, Ständer für Musikinstrumente und sogar Bewegungs-Therapie-Geräte.
Solange Zycha in Berlin lebte, konnte der Autodidakt von seinen Fähigkeiten gut leben, wie er sagt. 2008 aber hatte er genug von den Häuserschluchten der Großstadt und zog mit seiner Schwester und deren Familie ins Grüne nach Beiersdorf. „Wir hatten das 5000 Quadratmeter große Grundstück mit der riesigen Feldsteinscheune im Internet entdeckt“, erinnert er sich. Die Scheune ist inzwischen seine Werkstatt, nebenan entsteht noch ein Raum für Veranstaltungen. „Ich habe schon in Berlin mit Freunden Konzerte gespielt – Improvisationen ganz ohne Noten“, berichtet der 64-Jährige.
Seine Werkstatt kann Zycha aber nicht ganz so nutzen wie er es plante. Als er sein Gewerbe als Möbelbauer bei der nunmehr zuständigen Handwerkskammer Frankfurt (Oder) anmelden wollte, bekam er eine Ablehnung. „Er hat die erforderlichen Abschlüsse und Qualifikationen nicht“, sagt Sprecher Michael Thieme. Was sich aber problemlos genehmigen ließ, war der Nasenflötenbau, den Zycha seit über 20 Jahren betreibt. Dafür ist keine Zulassung erforderlich. „Wir haben 32 eingetragene Musikinstrumentenbauer in der Handwerksrolle.
Dazu zählen namhafte wie die beiden Orgelbaufirmen Scheffler aus Sieversdorf und Sauer aus Müllrose (beide Oder-Spree) sowie der Blechblasinstrumentenbau Dobberstein aus Frankfurt.“ Doch es gebe eben auch kleine Handwerker wie Zycha oder einen Geigenbauer aus Lebus, die die Handwerkskammer mit offenen Werkstatttagen bekannter machen will. „Die müssen sich rühren, sonst wird der Beruf aussterben“, ist Thieme überzeugt. Rührig ist der Beiersdorfer Nasenflötenbauer auf jeden Fall, doch leben kann er davon bisher nicht. „Ich bin Aufstocker beim Arbeitsamt“, bekennt der 64-Jährige, der es in seinem Alter ablehnt, noch einmal irgendeine Schulbank zu drücken. Zycha arbeitet mit edelsten oder exotischen Hölzern wie Ebenholz, Elsbeere, Christusdorn oder Palisander. Die nur wenige Zentimeter große Nasenflöte besteht aus einem Korpus und einem Abdeckblättchen.
Jedes Stück ist ein Unikat mit den für Zycha typischen geschwungenen Seiten und Rundungen. „Wichtig ist, dass das Holz möglichst hart ist, denn um so sauberer klingt der Ton“, erklärt er. Nadelholz sei hingegen völlig ungeeignet, da es bei Feuchtigkeit schnell aufquelle.
Und feucht sei es im Umfeld von Nase und Mund nun einmal. Das Instrument werden per Nase „angeblasen“ und die Tonhöhe dann vom Mund stufenlos moduliert. Das Spielen der Nasenflöte sei schnell zu lernen, meint der Fachmann. „Es ist wie beim Singen – man hört sich selbst zu.“