Zum 100. Geburtstag des Naturschützers Heinz Sielmann wird an sein Wirken in der Döberitzer Heide erinnert
Verwandtschaftliche Beziehungen zwischen Brandenburg und der Mongolei: Die Ende der 1960er-Jahre in freier Wildbahn ausgestorbenen Przewalski-Pferde wurden in der einige tausend Kilometer entfernten Steppe wieder ausgewildert. Die Heinz Sielmann Stiftung hat die Projekte mit vier Stuten aus der Döberitzer Heide unterstützt. „Die in Brandenburg aufgewachsenen Urpferde haben zusammen mit einem in Freiheit geborenen Hengst für Nachwuchs gesorgt“, sagt Peter Nitschke, Leiter der Sielmann Naturlandschaft Döberitzer Heide in Elstal bei Berlin.
Das Projekt in der Döberitzer Heide geht auf den Naturfilmer und Naturschützer Heinz Sielmann (1917-2006) zurück. Zu seinem 100. Geburtstag am 2. Juni wird er im Berliner Naturkundemuseum mit einer Sonderausstellung geehrt. Sie rückt sein Anliegen in den Blick: die heimische Natur und ihre Bewahrung. Zu sehen sind seine Original-Kamera samt Stativ. Auch ein Film über einen künstlichen Hamsterbau mit Glasscheibe wird gezeigt. Sielmann hatte ihn extra für seine Filmaufnahmen gebaut.
Bekannt wurde Sielmann durch die Sendereihe „Expeditionen ins Tierreich“, die seit den 1960er-Jahren im Fernsehen lief. Mit seiner 1994 gegründeten Stiftung gab er den Anstoß für engagierten Naturschutz. Möglichst unbeeinflusst vom Menschen sollen bedrohte Tiere wieder heimisch werden. Nach der Wende gelang es der Stiftung, in Brandenburg geeignete Flächen zu finden. Fünf Naturlandschaften entstanden bislang zwischen Elbe und Oder: im Norden in der Kyritz Ruppiner Heide auf dem Gelände eines ehemaligen Truppenübungsplatzes bis in den Süden des Landes nach Wanninchen bei Luckau auf einem ehemaligen Tagebaugelände. 13 000 Hektar werden heute von der Stiftung im Land betreut. Bundesweit gibt es weitere großflächige Sielmann Naturlandschaften.
In Wanninchen entstand in Brandenburg 2000 die erste Naturlandschaft. „Nach jahrelangem Bergbau begann die Natur sich die Landschaft langsam zurückzuerobern“, sagt Projektleiter Ralf Donat. „Sielmann setzte sich dafür ein, dieses Areal für den Naturschutz zu sichern“, so Donat. 772 Hektar Land seien zu Beginn gekauft worden, heute gehören der Stiftung in Wanninchen etwa 3000 Hektar. Dort leben heute geschützte Zauneidechsen, Wiedehopfe oder die seltenen Bodenbrüter Bachpieper und Steinschmätzer. Im Herbst können Tausende von Wildgänsen und Kranichen beobachtet werden.
In der Sielmann Naturlandschaft Kyritz-Ruppiner Heide ist hingegen heute immer noch eine Heidelandschaft zu erleben, wie sie europaweit nahezu einmalig ist. Durch Militärübungen mit Panzern hatten über Jahrzehnte Bäume keine Chance. Kontrollierte Brandrodungen und Mahd sorgen jetzt weiter dafür, dass unter anderem Birken den Lebensraum der Heidepflanzen nicht verdrängen.
In der Döberitzer Heide übernehmen gewichtige Vierbeiner heute diesen Job und halten die Landschaft offen. In einer Wildniskernzone – nahezu unbeeinflusst vom Menschen – leben bereits 75 Wisente, 90 Rotwild-Tiere und 26 Przewalski-Pferde. „Ein Leben, wie in freier Wildbahn“, sagt Projektleiter Nitschke.
Naturfreunde hätten die Möglichkeit, auf insgesamt 55 Kilometer Wanderwegen die außergewöhnliche Natur zu erleben, 22 Kilometer davon verlaufen unmittelbar um die umfriedete Wildniskernzone. Dort gewöhnen sich die Tiere schnell an die relative Freiheit der fast 2000 Hektar großen Wildniskernzone. „Und werden wieder wild“, sagt er.
Auch links und rechts des Weges sei viel zu entdecken: Allein 5500 Tier- und Pflanzenarten wurden bisher erfasst. „Dazu kommen rund 2000 Käferarten, 530 Arten von Großschmetterlingen, knapp 200 Vogelarten sowie je 200 Arten von Wildbienen und Wespen“, zählt Nitschke auf. Weiter gehören gut 50 verschiedene Säuger und 900 unterschiedliche Farn- und Blütenpflanzen dazu. „Ein Großteil steht unter Schutz oder ist in den Roten Listen aufgeführt“, sagt der Projektleiter. Absolute Besonderheit sei ein weltweit vom Aussterben bedrohtes Goldhaarmoos.
Die in der Mongolei geborenen Fohlen mit Brandenburger Müttern und Vätern, die nur die Wildnis kennen, sollen den Bestand wieder voranbringen. Ein paar hundert Tiere leben heute in der mongolischen Steppe. Auch Tiere mit Brandenburger Wurzeln sind darunter.