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Brandenburg Mit Brot zum Kulturbotschafter

Von Redaktion svz.de | 29.05.2017, 05:00 Uhr

Bäckermeister Holger Schüren liebt Brot und Backwaren, rühmt die deutsche Brotkultur. Er ist Brot-Sommelier und Unesco-Kulturtalent.

Handwerksbäckerei gegen Industriebackbetrieb: Bäckermeister Holger Schüren aus Nuthetal bei Potsdam soll für die Deutsche Brotkultur und seine Zunft werben. „Die Vielfalt deutschen Brotes muss erhalten bleiben“, sagt der Chef der „Kleinen Backstube“, der gerade zum „Unesco-Kulturtalent“ ernannt wurde. Das heißt, er soll dem althergebrachten Bäckerhandwerk in der Öffentlichkeit ein Gesicht geben.

Der Duft von frischgebackenem Brot, der fluffige Laib zwischen den Händen und dann noch der unverwechselbare Geschmack: Schüren schwärmt fast ohne Pause von Brot. Als erster Brandenburger Brot-Sommelier will er genussfreudige Kunden mit seiner Leidenschaft anstecken. Die Deutsche Unesco-Kommission will das immaterielle Kulturerbe aus den Bereichen Tanz, Theater, Musik, mündliche Überlieferungen, Naturwissen und Handwerkstechniken bewahren.

„Mit Kampagnen wollen wir zeigen, welchen Wert es hat“, sagt die Sprecherin der Deutschen Unesco-Kommission, Katja Römer. 429 Bräuche, Darstellungskünste, Handwerkstechniken und Naturwissen aus aller Welt werden derzeit auf diesen Listen geführt, darunter die Genossenschaftsidee aus Deutschland, die Rumba aus Kuba, traditionelle chinesische Medizin und italienische Geigenbaukunst.

Mit den bundesweit benannten Kulturtalenten gebe es Gesichter für die unterschiedlichen Bereiche. „Wir wollen zeigen, dass das immaterielle Erbe nicht der Vergangenheit angehört“, sagt sie. Die Kulturtalente hielten Traditionen hoch, die auch in der heutigen Gesellschaft ihren Platz hätten.

2014 wurde die deutsche Brotkultur - die für bundesweit rund 3000 Brotsorten steht - in das bundesweite Verzeichnis aufgenommen. Damit sollen die Leistungen der knapp 12 000 Meisterbetriebe mit etwa 273 000 Mitarbeitern anerkannt werden.

Schürens Faszination für Backwaren in jeder Form - von der deftigen Roggensemmel bis zum Sahnestückchen - ist zu spüren. „Mit etwa 3000 Sorten ist die Brotvielfalt in Deutschland kaum zu toppen“, sagt der fast zwei Meter große Mann. Dieses Erbe müsse unbedingt erhalten bleiben.

Er selbst arbeitet mit seiner Frau und den Angestellten in einer handwerklichen Backstube. Bei ihm und seinen Berufskollegen gehe nicht alles „schnell, schnell wie in einer industriellen Bäckerei“, sagt er. Handwerksbäcker lieferten einzigartige Produkte, betont er.

Die könnten je nach Zutaten, Temperaturen, Luftfeuchtigkeit und anderen Parametern jeden Tag ein wenig anders aussehen. „Eines bleibt gleich: die Qualität“, sagt Schüren.

Handwerk müsse sich von der Konkurrenz der Konzerne absetzen, betont der Meister. Über den Preis könnten die kleinen Betriebe nicht mithalten, das gehe nur über die Qualität. „Die Kunden müssen soviel von der Bäckerei und den angebotenen Produkten erfahren, dass sie bereit sind, auch etwas tiefer in die Tasche zu greifen“, betont Schüren. Im vergangenen Jahr erwarb der 48-Jährige an der Akademie des Deutschen Bäckerhandwerks in Weinheim (Baden-Württemberg) sein Zertifikat als Brot-Sommelier - er wurde der erste in Brandenburg.

2015 kauften die privaten Haushalte in Deutschland nach Angaben der Gesellschaft für Konsumforschung rund 1,8 Millionen Tonnen Brot - 1,8 Prozent weniger als im Vorjahr. Gründe für den Rückgang sind abnehmende Bevölkerungszahlen und sich ändernde Verzehrgewohnheiten. Abends werden heute eher warme Mahlzeiten gegessen. Schüren appelliert: „Brote erinnern an die Kindheit. Der Geschmack darf nicht verloren gehen.“ Ein Tag beginnt und endet für ihn mit einer Scheibe Brot.