Benachbartes Wohnhaus zerstört. Eigentümerin wohnt derzeit in Containern.
Der Schock saß tief. Doris Beyer kam gerade mit ihrem Hund vom Tierarzt in ihr Haus in Grimme (Uckermark) zurück, als sie das Unglück sah. Die Hälfte ihres Hauses war eingerissen, das Dach offenbarte ein großes Loch. Bei Abrissarbeiten auf dem Nachbargrundstück war im Oktober eine Wand gekippt. Für Doris Beyers Haus kam jede Hilfe zu spät.
Eine Abrissfirma aus Pasewalk ist jetzt in der Schadenspflicht. Und Doris Beyer ist froh, noch am Leben zu sein. Normalerweise hätte die Rentnerin zu dieser Zeit am Frühstückstisch gesessen. Die Frau hat sich ihre Rente in der Landwirtschaft verdient. Und hatte genug gespart, um sich ein kleines Fachwerkhaus in Grimme zu kaufen. „Hier wollte ich meinen Lebensabend verbringen“, sagt sie. Nun versucht sie, klar zu denken. „Erst einmal sehe ich alles ganz nüchtern.Wie es weitergeht, werde ich wohl erst nächstes Jahr erfahren.“
Ihre Versicherung lehnt den Schadensersatz ab: Fremdverschulden. Das Bauordnungsamt Prenzlau hat den Abrissunternehmer verklagt. Und fordert jetzt auch den Abriss der Ruine von Doris Beyer. „Weil wir davon ausgehen, dass er verantwortlich ist für die Beseitigung dieser Gefahr“, sagt René Harder, der zuständige Mitarbeiter des Bauordnungsamts. Die Firma habe jedoch gegen die Anordnung Widerspruch eingelegt, über den noch nicht entschieden worden sei.
Doris Beyer lebt unterdessen in Wohncontainern. Drei hat die Pasewalker Abrissfirma für sie aufgestellt. Und eine Nachbarin war so freundlich, ihre Ferienwohnung anzubieten. Jetzt pendelt sie hin und her.
Ins Haus darf niemand. Auch für Doris Beyer wäre es eine Gefahr, jetzt ihr Hab und Gut einzusammeln. Hilfe wird ihr von allen Seiten angeboten. „Doch die Menschen wissen gar nicht so recht, wie“, sagt sie. Weihnachten wird sie wie zuletzt immer allein feiern. Und hoffen, dass die Versicherung ihr im nächsten Jahr ein neues kleines Häuschen finanziert. „Ich kann ja nichts tun“, sagt die Rentnerin. Würde sie sich einen Rechtsanwalt nehmen und selbst klagen, wären die Kosten für sie nicht zu tragen.
In der Pflicht steht nun die Versicherung des Abrissunternehmens. Dort wird geprüft. „Wahrscheinlich hätten die Arbeiter Stein für Stein abtragen müssen“, sagt Nachbar Joachim Groß. Für den Abriss der Scheune hatte er Auflagen vom Bauordnungsamt bekommen. Die Pasewalker rückten an, ohne dass vorher mit der Nachbarin über mögliche Gefahren gesprochen wurde. Denn es hieß, es handle sich nur um Routinearbeiten.