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Brandenburg Krähende Hähne wieder vor Gericht

Von Redaktion svz.de | 10.10.2016, 05:00 Uhr

Im Gockelstreit im märkischen Dorf Zitz muss der Kläger dem Gericht ein „Krähprotokoll“ vorlegen

Wie oft und wie laut dürfen Hähne krähen? Seit mehr als vier Jahren schwelt ein bizarrer Rechtsstreit um diese Frage im brandenburgischen Dorf Zitz (Potsdam-Mittelmark).

Heute geht der Zivilprozess vor dem Amtsgericht Brandenburg an der Havel in die nächste Runde. Geklagt hat der Nachbar eines Hobbyzüchters, der sich durch das Kikeriki gestört fühlt. In Zitz kommt auf jeden der rund 300 Einwohner rechnerisch mindestens ein Hahn oder eine Henne. Nach einem Gerichtsbeschluss von Anfang Mai muss der 36-jährige Hobbyzüchter Reno Nerling nachweisen, dass vom Federvieh auf seinem Hof kein unzumutbarer Lärm ausgeht und das Gekrähe „ortsüblich“ ist.

Dagegen muss der Kläger belegen, wie viele Hähne sich in den letzten Monaten frei auf dem Gelände des Züchters aufhielten. In seinem Beschluss geht das Amtsgericht „nach vorläufiger Rechtsauffassung“ aber davon aus, dass von Nerlings Hof zumindest zeitweilig eine wesentliche Beeinträchtigung des gegenüberliegenden Grundstücks des Klägers ausgeht. Auch wenn sich der Lärm als ortsüblich herausstellen sollte, kommt es laut Gericht „entscheidend“ darauf an, ob er eingeschränkt werden könne, ohne den Züchter wirtschaftlich zu überfordern.

Erreichen will der Kläger, dass Nerling den Schreihälsen im Hühnerstall zeitweilig Ausgehverbot erteilt - werktags von 20 bis 8 Uhr sowie an Sonn- und Feiertagen zusätzlich zwischen 12 und 15 Uhr. Außerdem fordert er, dass sich jeweils nur höchstens zwei Hähne im Freien aufhalten dürfen, deren Kikeriki die Marke von 55 Dezibel nicht überschreiten darf. Nerling kann sich nicht vorstellen, dass seine Hähne diese Lautstärke jemals erreicht hätten. Mit einer Smarthphone-App habe er 49 und 50 Dezibel gemessen, bei etwa 50 Krählauten die Stunde. „Die vorbeifahrenden Autos und Traktoren waren lauter“, sagte der 36-Jährige der Deutschen Presse-Agentur. Wie die Gegenseite auf 200 Laute pro Stunde komme, sei ihm unklar, betont der mehrfach ausgezeichnete Hobbyzüchter, der mittlerweile nur noch fünf statt acht krähende Tiere hält.

Hühner gibt es auf dem Hof, der Nerlings Eltern gehört und auf dem er nicht wohnt, schon seit Jahrzehnten. Die Stallanlage hat er vom Großvater übernommen. Der Streit sei erst ausgebrochen, als die klagende Familie nach der Wende ins Dorf gezogen sei und sich durch das Krähen gestört gefühlt habe. Dabei sei er den Nachbarn auf der gegenüberliegenden Straßenseite schon entgegengekommen, indem er seine Hühner der Rasse „Antwerpener Bartzwerg“ gegen leiser krähende japanische Zwerghühner „Chabos“ ausgewechselt habe.