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Brandenburger Gewässer Keine Angst vorm großen Fisch

Von Harriet Stürmer | 12.07.2016, 04:45 Uhr

Riesige Welse sorgen regelmäßig für Schlagzeilen. Experten beruhigen aber, dass Badegäste in märkischen Seen sicher sind

Sommerliche Temperaturen, beste Wasserqualität und große Auswahl: Einem Badeausflug an einen der zahlreichen Seen in Brandenburg sollte eigentlich nichts im Wege stehen. Oder etwa doch? Immerhin weiß man nie so genau, was in der Tiefe so alles lauert.

Es ist eine schauderhafte Vorstellung: Man schwimmt nichts ahnend durch einen See – und plötzlich zwickt einem ein großes, schwarzes Etwas in den Oberschenkel. Solch beängstigende Meldungen machen immer mal die Runde. Alle Jahre wieder berichten Schwimmer, dass sie von einem monströsen Wels gebissen wurden und eine blutige Wunde davongetragen haben.

Klar, dass wir beim Planschen im kühlen Nass nicht allein sind. Unter der Wasseroberfläche märkischer Gewässer lebt eine Vielzahl an Fischarten. Darunter sind große wie kleine – und mitunter auch zwei Meter lange Welse, denen man lieber nicht begegnen will. Doch Experten beruhigen: Angst vor einem wirklich gefährlichen Angriff aus der Tiefe muss in Brandenburgs Seen kein Badegast haben.

Trotzdem sorgt der Wels regelmäßig für Schlagzeilen. Weil sich in den vergangenen Jahren mit den klimatischen Veränderungen die Bedingungen für die Räuber immer weiter verbesserten, haben sich die Tiere in den hiesigen Gewässern extrem vermehrt, sagt Andreas Koppetzki, Hauptgeschäftsführer des Landesanglerverbands Brandenburg. „Die Seen sind wärmer geworden. Dadurch kann sich der Laich viel öfter zu Larven entwickeln.“ Zu DDR-Zeiten sei die Zahl der Tiere weitaus geringer gewesen. Doch nach der Wende seien Welse extra in Seen eingesetzt worden, um den Bestand des zum Verzehr ungeeigneten Bleis zu reduzieren.

In den vergangenen Jahren habe sich die weite Verbreitung des Welses zum großen Problem entwickelt, sagt Koppetzki. Zum einen nehme der Wels anderen Arten viel Platz weg, zum anderen sei er ein äußerst gefräßiger Raubfisch. „Der frisst alles, was er kriegen kann. Und inzwischen haben wir sehr viele, sehr alte und sehr große Welse.“

Erst vor ein paar Wochen machten zwei Angler in Sachsen-Anhalt einen dicken Fang und gleichzeitig einen grausigen Fund. Zuerst freuten sich die Männer über einen 30 Kilogramm schweren und 1,63 Meter langen Wels, den sie eines Nachts aus der Elbe zogen. Am Morgen danach sollte das Ausnehmen des Riesenräubers ihnen aber das Frühstück verderben. Im Magen des Fisches fanden sie eine menschliche Hand.

Die herbeigerufene Polizei nahm die Ermittlungen auf und schaltete – wie beim Auffinden von Leichenteilen üblich – die Rechtsmedizin ein. Inzwischen ist klar, dass der Wels die Hand eines erwachsenen Mannes gefressen hat. Zudem haben die Rechtsmediziner der Universität Halle-Wittenberg herausgefunden, dass die Hand aus der „jüngeren Vergangenheit“ stammen muss, wie die Polizei jüngst berichtete.

Doch die Ermittlungen der Kripo sind damit nicht abgeschlossen. Denn ein Rätsel bleibt: Wem gehört die Hand? Die Rechtsmediziner haben ein DNA-Profil erstellt und mit der deutschlandweiten DNA-Datenbank abgeglichen, in der Tote und Vermisste erfasst sind. Bisher gab es noch keinen Treffer.

Fest stehe aber, dass der Wels dem Mann die Hand nicht abgebissen hat, meint Andreas Koppetzki. „Dazu hat er gar nicht die richtigen Zähne.“ Anders als der Hecht, der große, spitze Fangzähne besitze, habe der Wels viele kleine, flache und nach hinten gerichtete Bürstenzähne. „Damit kann er keine Knochen durchbeißen“, sagt der Fachmann. „Zwar schnappt sich der Wels auch mal eine Ente oder Wasserratte, aber die schluckt er dann im Ganzen runter.“

Menschen aber gehörten nicht zum Beuteschema des Fisches, sagt Koppetzki. Allerdings könne es auch mal zu einem Zusammentreffen kommen – vor allem dann, wenn Schwimmer zur Laichzeit zu nah an das Gelege eines Welses kommen. Weil die Tiere Gegenden bevorzugten, in denen sie zwischen alten Bäumen oder großen Steinen Deckung finden und Badegäste sich in der Regel dorthin nicht verirrten, seien Begegnungen absolut selten.

„Da besteht für Badegäste eher die Gefahr, dass sie am Ufer in eine Glasscherbe treten“, meint der begeisterte Angler. Oder aber sie begegneten eingeschleppten Tieren, die von „verantwortungslosen Menschen im Wasser ausgesetzt“ würden – Schnappschildkröten etwa oder gar Piranhas, die den Sommer über durchaus auch in hiesigen Gewässern überleben könnten. Teilweise seien solche Geschichten aber frei erfunden, vermutet Koppetzki. Nämlich von angestammten Badegästen, die anderen Angst machen wollten, um ihre Ruhe zu haben.