150 Exponate aus Wustrau gehen als Leihgabe zu einer Ausstellung für Kasaner Moschee
Vom brandenburgischen Wustrau bis in den Orient: Kunst und Gebrauchsgegenstände, die die Kontakte Preußens zu islamischen Staaten im Laufe der Jahrhunderte beleuchten, gehen auf große Reise. 150 Exponate – vom wertvollen Kunstwerk bis zum Alltagsgegenstand – werden als Leihgabe nach Kasan in der russischen Teilrepublik Tatarstan entsandt.
Ab 24. Mai läuft dort in der Qul-Sharif-Moschee eine Ausstellung ausschließlich zu preußisch-islamischer beziehungsweise deutsch-tatarischer Kulturgeschichte, kündigt der Ausstellungskurator und wissenschaftliche Leiter des Brandenburg-Preußen Museums in Wustrau (Ostprignitz-Ruppin), Stephan Theilig, an. Unter dem Motto „Türcken, Mohren und Tataren. Muslime in Brandenburg-Preußen“ wurde sie 2014 bereits über mehrere Monate in Wustrau erfolgreich gezeigt.Sie zählte rund 12 000 Besucher.
Die Kasaner Moschee, auf dem Gelände des Unesco-Weltkulturerbes, erreicht jährlich bis zu zwei Millionen Besucher. „Wir hoffen, dass viele Menschen sich auch die Brandenburger Schau ansehen“, sagt Theilig. Er rechne in dem gut 2600 Kilometer entfernten Land mit großem Interesse an der Frage, wie mit dem tatarischen Erbe im früheren Preußen umgegangen wurde. Zur Verfügung gestellt wurden Exponate aus dem Museum, aber auch Leihgaben. Sie werden zwei Monate lang der Öffentlichkeit vorgestellt. Dazu sind Konferenzen und Seminare geplant.
Die Beziehungen von Brandenburg und Preußen zu den Tataren gehen bis zum Mittelalter zurück. Kaufleute, Gelehrte, Handwerker oder Soldaten landeten hier bereits ab dem 15. Jahrhundert. Preußenkönig Friedrich II. (1712-1786) lockte muslimische tatarische Familien zur Ansiedlung nach West- und Ostpreußen. Hier werde es die vorgeschriebenen Fußwaschungen geben, ohne empört zu sein, schrieb der König 1775 an Voltaire. Die „Sekte“ habe in dem Land noch gefehlt.
Zu den herausragenden Stücken gehört nach Angaben Theiligs ein sechseckiger hölzerner Leuchter, den ein tatarischer Soldat während des Ersten Weltkriegs im Kriegsgefangenenlanger Wünsdorf bei Berlin anfertigte. Er diente zur Ausstattung einer Moschee, der ersten auf deutschem Boden, die als Gebetshaus fungierte. Das Gebäude wurde Mitte der 1920er Jahre abgerissen. Vor einigen Jahren wurden bei archäologischen Arbeiten Überreste gefunden. Der Leuchter, in den der Kunsthandwerker auch seinen Namen „Nasibula“ schnitzte, überdauerte die Jahrzehnte. Durch Zufall wurde er im Rathaus von Gardelegen in Sachsen-Anhalt eingebaut und bei Abrissarbeiten vor der Zerstörung gerettet.
Von Interesse sind auch Arbeiten des in Neuruppin geborenen Malers Wilhelm Gentz (1822-1890). Mit seinen Orientdarstellungen zeichnete er ein anschauliches Bild von Szenerien in islamischen Ländern im 19. Jahrhundert. Sie seien heute ein wertvolles Zeugnis für das damalige Leben, sagte Kurator Theilig.
Gezeigt werden zudem Stiche, Münzen, Waffen oder Kunsthandwerk. Als Leihabe stellt ein Berliner Sammler zahlreiche deutschsprachige Korane aus dem 16. bis 20. Jahrhundert – alle wertvolle Erstausgaben – bereit.