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Badesee in der Lausitz Erst Tagebau, jetzt Großbaustelle

Von Anna Ringle | 28.10.2016, 05:00 Uhr

Im Jahr 2018 soll die Grube Cottbus-Nord geflutet werden / Cottbuser Ostsee wird der größte künstliche See Deutschlands

Es ist wie an einer dicht befahrenen Straße: Ein Lastwagen folgt auf den nächsten. Eng getaktet. Geladen haben die rund 90 gelben Fahrzeuge Erde, die sie an einer Stelle abladen, wo schon Planiermaschinen warten. Das Ganze spielt sich aber nicht an einer Straße, sondern in einem riesigen Erdloch ab. Das war einmal der Braunkohletagebau Cottbus-Nord – seit den 1980er-Jahren in Betrieb, Ende 2015 planmäßig stillgelegt und jetzt Großbaustelle. Es laufen die Vorbereitungen dafür, dass sich hier in einigen Jahren Badegäste und Angler tummeln können.

Ungefähr im Jahr 2024 soll den Planungen des Tagebaubetreibers LEAG zufolge alles fertig sein. Der Cottbuser Ostsee – so der Name – werde dann der größte künstliche See Deutschlands mit einer rund 1900 Hektar großen Wasseroberfläche sein. Ab 2018 soll geflutet werden. 88 Prozent des eingeleiteten Wassers soll aus der Spree stammen, hinzu kommt noch Grundwasser.

Es ist laut in der Grube durch den Lastwagenverkehr. Riesige Erdmassen werden Stunde um Stunde bewegt, denn die Ausfahrt der ehemaligen Kohlezüge aus der Grube muss geschlossen werden. Erst dann kann Wasser eingeleitet werden. Quasi wie bei einer Badewanne. Allein 17 Millionen Kubikmeter Erde braucht es laut LEAG, um den Ausgang zu schließen. Kurz vor Weihnachten 2015 fuhr hier noch der letzte Kohlezug aus der Grube.

LEAG verfolgt damit die Pläne konsequent weiter, die noch vom Energiekonzern Vattenfall vorangetrieben worden waren. LEAG gehört zum tschechischen EPH-Konzern, der die Lausitzer Braunkohlesparte in Brandenburg und Sachsen mit vier aktiven Gruben und mehreren Braunkohlekraftwerken unlängst von dem schwedischen Staatskonzern übernommen hatte. Vattenfall trennte sich von der Braunkohle, auch um sich stärker auf erneuerbare Energien zu konzentrieren. Zum Verkauf gehörte auch die stillgelegte Grube Cottbus-Nord, die vom Tagebaubetreiber rekultiviert werden muss.

In dem riesigen Loch sind die Tagebaugeräte inzwischen abgebaut oder gesprengt worden. An einer anderen Stelle werden zurzeit Kippenbereiche, die einmal Uferteile des Sees bilden sollen, gesichert. Das Ganze nennt sich Rütteldruckverdichtung und funktioniert nach LEAG-Angaben im Kern so: Eine Lanze an einem Kran fährt tief ins Erdreich und vibriert wie ein Pendel hin und her. Mithilfe von Wasser und Druckluft wird so der Boden verdichtet. Das soll überall dort am See für Sicherheit sorgen, wo Erde aufgeschüttet wurde. Dafür wendet der Tagebaubetreiber nach eigenen Angaben Millionensummen auf, um Erdrutschen vorzubeugen.

Insgesamt belaufen sich die Gesamtkosten des Ostsee-Projekts auf 250 Millionen Euro. Der Tagebaubetreiber will nach der Fertigstellung des Badesees, in dem es auch Inseln geben soll, zunächst Seebesitzer bleiben. Wer es danach werden wird, sei noch unklar.

Das Projekt hat nicht nur Befürworter. Immer wieder äußerten Anwohner die Sorge, dass Wasser in ihre Keller laufen könnte, falls der See überlaufen sollte. Und es gibt immer wieder Bedenken zur Wasserqualität des Sees, weil die Spree an einigen Stellen erhöhte Sulfatwerte aufweist und mancherorts das Problem von Eisenhydroxid auftaucht. Die Grünen-Fraktion im Potsdamer Landtag verlangt deshalb von der Landesregierung, verbindliche Grenzwerte für Sulfat und Eisenocker im See-Betriebsplan festzuschreiben. LEAG ist davon überzeugt, dass die Wasserqualität des Sees eine gute sein wird. In der nächsten Woche wird es vermutlich zu dem Komplex wieder Diskussionen geben. Laut LEAG gibt es in Cottbus einen Erörterungstermin zu einem Planfeststellungsverfahren, das sich um die Befüllung des Sees dreht.