78-Jähriger erleidet auf nächtlichem Heimweg Biss vom Großnager. Erster Fall in Brandenburg
Im Oderbruch soll ein 78-jähriger Mann von einem Biber gebissen worden sein. Er erlitt eine etwa zehn Zentimeter lange und drei bis vier Zentimeter tiefe Verletzung. Es wäre das erste Mal in Brandenburg, dass ein Biber einen Menschen angegriffen hätte.
Die Enkeltochter von Günter Schrape feierte am Sonnabend ihre Konfirmation. Gegen Mitternacht verlässt der Rentner das Familienfest. Der Weg entlang an Feldern und Gräben ist matschig. 250 Meter vor seinem Haus – zwischen einem riesigen Maisfeld und einem Zufluss des Norkgrabens – huscht blitzschnell ein größeres Tier auf ihn zu. „Ich bekomme einen Schlag, dann höre ich es noch im Graben plätschern“, erinnert er sich.
Dann erst verspürt der 78-Jährige den Schmerz, sieht die starke Blutung. Das Tier hat oberhalb des Gummistiefels in sein Bein gebissen. Günter Schrape kommt noch bis nach Hause, wo sein Sohn sofort den Rettungswagen ruft. Der bringt den Gorgaster ins Seelower Krankenhaus. Dort liegt er bis heute.
Schrape ist überzeugt, dass es ein Biber war. „Ich bin schon so oft dort entlang gegangen. Andere Tiere gibt es ja dort kaum noch“ erklärt er. Ähnlich sieht es Bernd Korb. Der ehemalige Bürgermeister von Küstriner Vorland ist Jäger in dem Gebiet. „Ein Marderhund oder ähnliches wäre nicht ins Wasser gegangen“, sagt er.
Günter Schrape habe großes Glück gehabt, dass beim Biss keine Schlagader getroffen wurde. Eine Tollwutuntersuchung wurde unterlassen, weil der Bereich nicht als von Tollwut befallenes Gebiet ausgewiesen ist, hieß es in der Rettungsstelle des Seelower Krankenhauses.
Erstaunt reagierte Antje Reetz, seit vielen Jahren Biberbeauftragte des Deichverbandes Oderbruch, auf die Mitteilung, dass ein Biber einen Menschen gebissen haben soll. Sie beobachte – wie andere Biberexperten, Angler, Jäger und Landwirte –, dass die Biber von Jahr zu Jahr ihre Scheu vor Menschen immer mehr ablegen.
Aber zum Angriff auf Menschen sei es landesweit noch nicht gekommen. „Ich könnte mir vorstellen, dass sich ein weibliches Tier, das seine Jungen bedroht sah, zur Verteidigung genötigt sah“, erklärt sie. Zu einer allgemeinen Warnung vor Biberangriffen würde sie durch den jetzt bekannt gewordenen Einzelfall aber nicht raten. „Gewöhnlich meiden Biber eher den Menschen.“ In Deutschland waren bisher nur Angriffe von Bibern auf Jagdhunde bekannt, jedoch eher im Bedrohungsfall.
Die Biberpopulation im Raum Gorgast ist bestens bekannt. Die Bahn hatte gemeldet, dass es verlassene und bewohnte Biberröhren im nahen Bahndamm der Ostbahn gibt. Ein Verbau habe noch nicht erfolgen können, weil sich der Abschnitt in einem Vogelschutzgebiet befindet und deshalb jede einzelne Maßnahme mit einem Einzelfallverfahren begleitet werden muss.
Auch im Landesumweltamt will man wegen des Falls noch nicht zur Warnung vor Biberbissen an Gewässern greifen. Sprecher Thomas Frey betonte, dass es sich bei Bibern um Wildtiere handelt, bei denen ebenso wie bei Wildschweinen, Wölfen oder Füchsen Vorsicht geboten sei. Dass aber Eltern aus Furcht vor Beißattacken nun nicht mehr ihre Kinder zu Badestellen an mit Bibern besiedelten Gewässern schicken sollten, hält er für übertrieben.