Prozess um den Tod des achtjährigen Mario im November 1974 vor dem Ende
Im Prozess um den Tod eines Achtjährigen vor 42 Jahren hat die Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder) zehn Jahre Haft für die 74-jährige Mutter Erna F. gefordert. Sie soll ihren Sohn mit Kohlenmonoxid umgebracht haben. Vor dem Landgericht Neuruppin sprach Staatsanwältin Anette Bagenda gestern von einem fast perfekten Verbrechen. Erna F. habe den Mord akribisch geplant, betonte sie im Plädoyer. Alles am Tatort sei so präpariert worden, dass man im November 1974 in Schwedt (Uckermark) von einem tragischen Unglücksfall ausgehen musste.
Die Angeklagte hat laut Staatsanwaltschaft das Kind umgebracht, weil er ihrer Lebensplanung im Wege stand und sie mit der Verhaltensauffälligkeit des Jungen überfordert war. In der Nacht vom 4. zum 5. November 1974 soll Erna F. ihre drei Kinder nicht wie sonst gemeinsam im Kinderzimmer schlafen lassen haben, sondern nur Mario. Die vier- und zwölfjährigen Töchter übernachteten bei offenen Fenstern im Ehebett, während die Angeklagte im Wohnzimmer schlief. Am Morgen will die Mutter den Sohn Kind leblos im Bett gefunden haben. Staatsanwältin Bagenda ist überzeugt, dass Erna F. das Kind in die Küche gebracht und mit Gas vergiftet hat. Sie stützt sich auf Aussagen von Sachverständigen, die weder einen Unfall noch Selbsttötung denkbar und wissenschaftlich erklärbar fanden.
Dass der Tod des Jungen nach 42 Jahren wieder untersucht wird, ist einer anonymen Anzeige von 2009 bei der Staatsanwaltschaft Hannover geschuldet, die von der ältesten Tochter Carmen stammen könnte. Im Schreiben wird behauptet, dass der Tod von Mario kein tragisches Unglück sondern ein heimtückischer Mord sei. Das Todesermittlungsverfahren wurde 1974 schnell eingestellt und die Mutter nie als Beschuldigte vernommen. Was für Staatsanwältin nicht verwundert: „Sie war Geheimnisträgerin, Chefsekretärin in der Forschungsabteilung des BMK Ost mit Kontakt zu Ausländern“.
Die Verteidigung hält die Beweislage für dünn und plädierte auf Freispruch. Selbst der an der Charité erfasste erstaunlich hohe Kohlenmonoxid-Wert von 73 Prozent im Blut des Jungen ist aus Sicht von Rechtsanwalt Uwe Furmanek keine Primärquelle, sondern könnte auf einer Verwechslung oder einem Messfehler beruhen. Zudem sei der von der Staatsanwaltschaft geschilderte Tathergang unschlüssig. Das Urteil wird am Donnerstag nächster Woche verkündet.